Sie sind hier:

Plage und Forschungsobjekt : Quallen: Nützlich für Beton und Tampons

Datum:

Im Mittelmeer sind Quallen derzeit eine lästige Plage für Urlauber. Doch Wissenschaftler sehen sie auch als Forschungsobjekte mit vielfältigem Nutzen für den Menschen.

Feuerqualle
Der Kontakt mit den Tentakeln einer Feuerqualle ist extrem schmerzhaft.
Quelle: ZDF

Sie können einen Urlaubstag am Mittelmeer so richtig verderben: apfelgroße lila Feuerquallen. Die Berührung ihrer Tentakel ist unglaublich schmerzhaft. Seit Mitte Juni hat sich die Feuerqualle Pelagia noctiluca vor den Küsten Korsikas und der Côte d'Azur explosionsartig vermehrt und vergällt Urlaubern an vielen südfranzösischen Stränden das Baden.

Der Italiener Simone Martini kann ein Lied davon singen. Ihn hat es an einem Strand in Ajaccio auf Korsika erwischt. "Zwei Wochen danach tut mir der Stich immer noch manchmal weh", sagt er über die Wunde an seiner Stirn.

Tentakeln mit giftigem Cocktail

Es gibt viele Tipps, wie man den Schmerz lindern kann, aber der Ozeanograf Fabien Lombard hat Zweifel an den meisten Methoden: "Auf die Wunde zu pieseln, hilft sicher nicht", sagt der Experte vom Meeresforschungsinstitut Laboratoire d'Océanographie de Villefranche/Mer lachend. Vor allem aber sollte man nicht die betroffene Stelle "mit Meerwasser spülen oder mit Sand abreiben".

Feuerquallen schießen aus Nesselkapseln an ihren Tentakeln winzig kleine Harpunen mit einem giftigen Cocktail ab.

Quallen sind blind und stechen daher alles, was ihnen begegnet, um zu probieren, ob sie es fressen können.
Fabien Lombard, Ozeanograf

"Sie injizieren Nervengift, um ihre Beute zu lähmen, und Enzyme, um sie zu verdauen", erklärt Lombard.

Quallenplage als Symptom der Überfischung

Wissenschaftlern bereiten Quallen aus anderen Gründen Sorge. Der Weltklimarat IPCC warnte in einem 2019 veröffentlichten Bericht, die starke Ausbreitung der Quallen führe zu einer "Gelifizierung", also einer Art Verschleimung, der Meere.

Fabien Lombard hat Zweifel:

Wir haben keine verlässlichen Messungen, die zeigen, dass es mehr Quallen gibt.
Fabien Lombard, Ozeanograf

Er räumt allerdings ein, dass es "in den 80er und 90er Jahren in Villefranche-sur-Mer abwechselnd fünf bis sechs Jahre mit Quallen und fünf bis sechs Jahre ohne Quallen gab". Dieses Jahr sei aber "schon das 25. in Folge mit Quallen". Lombard warnt jedoch davor, die Quallenplage an sich als Problem anzusehen. Vielmehr sei sie ein Symptom der Überfischung der Meere.

Auch für Lovina Fullgrabe vom korsischen Meeresforschungsinstitut Stareso ist die Überfischung etwa von Thunfischen und Meeresschildkröten, die beide Quallen fressen, eine der plausibelsten Hypothesen, um das häufigere Vorkommen von Quallen zu erklären.

Israelische Forscher testen, ob sich Medusen dazu nutzen lässt, Mikroplastik aus entsalztem Meerwasser zu filtern. Eine Technik für Länder, die so ihr Trinkwasser gewinnen.

Beitragslänge:
2 min
Datum:

Große Bedeutung von Quallen für Wissenschaft

Schon seit etwa 600 Millionen Jahren bevölkern Quallen die Meere. Die Wissenschaft hat den Nesseltieren einige Durchbrüche zu verdanken. Der Chemie-Nobelpreis von 2008 zum Beispiel wurde für die Verwendung des Leuchtstoffes aus Quallen bei der Visualisierung von Zellprozessen verliehen, etwa in der Alzheimer-Forschung.

Die US-Raumfahrtbehörde Nasa untersucht mit Quallen Fortpflanzung in der Schwerelosigkeit und die Europäische Union will seit 2017 mit dem Projekt "GoJelly" herausfinden, wie Quallen in der Ernährung, Düngung oder gegen Umweltverschmutzung eingesetzt werden könnten.

Ob Fischzucht oder Windeln: Collagen vielfältig einsetzbar

Lombard zufolge können Quallen als Futter in der Fischzucht oder zur Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit, etwa im Weinbau oder dem Reisanbau, eingesetzt werden. Das Collagen der Quallen werde mitunter in Windeln oder Tampons verwendet, um Feuchtigkeit zu binden, und mache mancherorts sogar Beton flexibler und damit erdbebenfester, sagt der Meeresforscher. Zudem wird daran geforscht, wie Quallen bei der Knorpelbildung im menschlichen Körper helfen können.

Und als letztes Mittel könnten die Menschen Quallen ja immer noch essen, um ihren Bestand einzudämmen. Das hat zumindest die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO schon 2013 vorgeschlagen.

Terra X - Die Wissens-Kolumne: Uli Kunz

Terra X - die Wissens-Kolumne - Warum jeder zum Meeresexperten werden sollte 

Der Ozean erstickt im Müll. Unser ausgestoßenes Kohlendioxid macht ihn immer saurer. Der Hunger auf Fisch fegt ihn leer. Drei von vielen Problemen, die wir dringend lösen müssen.

von Uli Kunz
Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.