Die Berliner Justiz hat zu einem Schlag gegen kriminelle Banden ausgeholt: Etwa 500 Beamte gingen gegen Clans und weitere Verdächtige aus der organisierten Bandenszene vor.
Mit einer Großrazzia und etwa 500 Polizisten sowie Spezialeinsatzkommandos (SEK) sind die Ermittler am Donnerstag in Berlin gegen kriminelle Mitglieder eines bekannten arabischstämmigen Clans und weitere Verdächtige aus der organisierten Bandenszene vorgegangen.
Hintergrund sind laut Staatsanwaltschaft unter anderem die gewalttätigen Revierkämpfe zwischen Mitgliedern des Clans und "russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Herkunft", wie die Berliner Polizei über Twitter mitteilte.
Beide Gruppen waren im November 2020 mehrfach gewalttätig aufeinander losgegangen.
20 Durchsuchungen in Berlin und Brandenburg
Außerdem ging es um organisierten Waffen- und Drogenhandel, Körperverletzungen sowie Ermittlungen des Finanzamtes zu Steuerhinterziehungen und anderen Delikten. Zwei Verdächtige wurden den Angaben zufolge verhaftet.
An den mehr als 20 Durchsuchungen unter Federführung des Berliner LKA und der Staatsanwaltschaft waren auch das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei mit dem Spezialeinsatzkommando GSG9, die Brandenburger Polizei und die Steuerfahndung beteiligt.
Arabischstämmige Großfamilie unter Verdacht
Erst im Herbst und Winter wurden vier Mitglieder der Großfamilie, die auch jetzt im Zentrum der Razzia stand, wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Juwelendiebstahl in der Dresdner Schatzkammer Grünes Gewölbe verhaftet. Ein fünfter Verdächtiger aus der Familie konnte fliehen und wurde noch nicht gefasst. Zunächst hatte die "Bild"-Zeitung über die Razzia berichtet.
Laut dem Bericht soll unter den durchsuchten Objekten der Neuköllner Kiosk sein, der Mitgliedern des Clans zugerechnet wird und im Herbst von Tschetschenen überfallen wurde, außerdem eine Lagerhalle in Neuhardenberg östlich von Berlin.
Demnach sollen die Täter Drogen in Lagerhallen in Brandenburg gebracht, in Fässer umgelagert und nach Berlin transportiert haben.
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Tschetschenische Banden bereiten dem LKA Sorgen
Ein führender Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) hatte erst kürzlich über die Konflikte zwischen rivalisierenden Gruppen gesagt, neue Banden würden seit einigen Jahren auftreten und versuchen, in den kriminellen Markt einzudringen.
Besonders Tschetschenen entwickeln sich zunehmend von der Rolle des kriminellen Dienstleisters zum kriminellen Akteur.
Auch das BKA, der Brandenburger Verfassungsschutz und Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatten vor künftigen blutigen Revierkämpfen gewarnt.
Ein eigener Chat-Dienst für Kriminelle?
Die aktuellen Durchsuchungsbeschlüsse sollen nach mehreren Medienberichten auch mit der Entschlüsselung des Kurznachrichtendienst EncroChat, der vor allem von Kriminellen genutzt wurde, zusammenhängen.
Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich gelang es im vergangenen Jahr, mehr als 20 Millionen geheimer Nachrichten abzuschöpfen, wie die europäische Justizbehörde Eurojust im Juli 2020 mitteilte. 60 000 Teilnehmer hätten den aufwendig verschlüsselten Chatdienst genutzt.