ARD-Chef Tom Buhrow:ARD-Intendanz entzieht RBB-Spitze Vertrauen
20.08.2022 | 15:33
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Neues im RBB-Skandal um Patricia Schlesinger: Laut ARD-Chef Tom Buhrow haben die ARD-Intendantinnen und -Intendanten das Vertrauen in die RBB-Geschäftsleitung verloren.
Die ARD-Intendantinnen und -Intendanten haben das Vertrauen in die amtierende Geschäftsleitung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) in der Aufarbeitung der Affäre um die abberufene Senderchefin Patricia Schlesinger verloren. ARD-Chef Tom Buhrow teilte am Samstag mit:
Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt.
Tom Buhrow, ARD-Chef
Damit wächst auch innerhalb der ARD der Druck auf das Führungsteam rund um den geschäftsführenden Intendanten Hagen Brandstäter, die Ämter niederzulegen.
Kurz zuvor hatte bereits die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach ihren sofortigen Rücktritt aus dem RBB-Kontrollgremium erklärt. In einer Mitteilung heißt es:
Der RBB steht vor einem Neuanfang. Nach zehn Jahren als Vorsitzende des Rundfunkrates möchte ich dazu einen Beitrag leisten und stelle mein Amt zur Verfügung.
Nach Recherchen von ZDF frontal waren die lange geheim gehaltenen Führungskräfte-Boni beim RBB seit Monaten innerhalb der ARD bekannt.
von Andreas Halbach
Exklusiv
Buhrow: "Gefahr, dass sich RBB-Strukturen anfangen aufzulösen"
Am Montag trifft sich der RBB-Verwaltungsrat, um über die konkrete Vertragsauflösung der abberufenen Intendantin Schlesinger zu beraten.
Buhrow, der auch Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR) ist, sagte in seiner Funktion als ARD-Chef: "Wir wollen ein Signal senden: Wir wollen helfen, dass der Sender stabilisiert wird und dass auch wieder Vertrauen wachsen kann, damit wieder berechenbare transparente Strukturen einkehren. Wir sind der Überzeugung, dass es mit dieser Geschäftsleitung immer unruhiger wird."
Es werde auch im RBB, unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, immer unruhiger statt ruhiger. Buhrow ergänzte: "Es scheint so instabil, dass man sagen kann, es besteht die Gefahr, dass sich die Strukturen des RBB anfangen aufzulösen."
Der Vertrauensverlust hat auch Folgen für Intendantensitzungen. Buhrow erläuterte: "Wir sind aus der Runde der Intendantinnen und Intendanten gebeten worden, uns über vereinzelte Fragen auch ohne den RBB zu beraten. Das kann und darf aber kein Dauerzustand in der ARD werden."
Worum es beim RBB-Skandal geht
Die ganze Krise beim RBB dreht sich um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und des Filzes gegen die zurückgetretene und abberufene Intendantin Schlesinger sowie den zurückgetretenen Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf. Die Vorwürfe drehen sich um Absprachen zwischen beiden zu Schlesingers Gehalt, das bislang nicht in Gänze offengelegt wurde.
Es gibt ein umstrittenes Bonus-System für Führungskräfte in dem Sender, das erst auf öffentlichen und internen Druck hin für die oberste Direktorenriege bekannt wurde. Schlesinger bekam zudem eine kräftige Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303.000 Euro. Abendessen für Gäste in ihrer Privatwohnung sollen mit angeblich falschen Rechnungen auf RBB-Kosten abgerechnet worden sein.
Für Unmut sorgte auch der Umbau der Chefetage des Senders für 1,4 Millionen Euro, Mitarbeiter sind wütend, weil zugleich im RBB-Programm gespart wurde. Auch ein teurer Dienstwagen Schlesingers mit Massagesitzen und Privat-Chauffeur sorgte für Aufsehen. Der Ehemann Schlesinger und "Spiegel"-Journalist Gerhard Spörl bekam zudem Aufträge von der landeseigenen Messe Berlin, wo Wolf auch Chefkontrolleur war. Zudem gab es umstrittene Beraterverträge für ein RBB-Bauprojekt, die aus dem Umfeld Wolfs stammen sollen. Schlesinger und Wolf wiesen Vorwürfe gegen sie zurück.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen Schlesinger, Spörl und Wolf wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsannahme. Es gilt die Unschuldsvermutung für alle drei. Eine externe Anwaltskanzlei untersucht den ganzen Fall, der den RBB in eine beispiellose Krise geführt hat. Auch bei der Messe wird derzeit intern ermittelt.