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Urteil erwartet : Unheilbar krank: Todbringende Dosis rechtens?

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Seit Jahren kämpfen Schwerkranke auf Erteilung eines todbringenden Medikaments. Bislang ohne Erfolg. Nun entscheidet das Oberverwaltungsgericht Münster.

Natrium-Pentobarbital, Archivbild
Bereits durch viele Instanzen zieht sich für Harald Mayer der Weg zu Natriumpentobarbital.
Quelle: dpa

Es ist eine juristische Odyssee, die Harald Mayer bis jetzt schon hinter sich hat. Als das Bundesverwaltungsgericht am 2. März 2017 in einer viel diskutierten Entscheidung zu einem anderen Fall urteilte, dass sterbenskranke Menschen in Ausnahmefällen ein Anspruch auf ein todbringendes Medikament haben, war das für ihn ein Zeichen der Hoffnung.

Schwer kranke Patientinnen und Patienten hätten in diesen Fällen ein Recht auf einen selbstbestimmten Tod, so der 3. Senat des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts.

Multiple Sklerose ohne Chance auf Besserung

Harald Mayer, inzwischen 51, leidet schon seit fast 25 Jahre an Multipler Sklerose, keine Chancen auf Besserung. Ihm ist klar, dass bei seinem Krankheitsverlauf sein weiterer Weg mit beschwerlichen körperlichen Beeinträchtigungen verbunden ist - den möchte er nicht gehen. Mitte 2017 stellte er nach der positiven Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einen Antrag auf eine tödliche Dosis Natriumpentobarbital beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM.

Natriumpentobarbital gilt als zuverlässiges Medikament zur Lebensbeendung. Doch sein Antrag wird vom BfArM abgelehnt. Begründung: Das Betäubungsmittelgesetz erlaube nur die Abgabe von Medikamenten zur Lebenserhaltung, nicht aber zur Lebensbeendung.

Hoffnung auf einen würdigen Tod

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19 min
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Hunderte Anträge auf todbringendes Mittel abgelehnt

Neben Harald Mayer stellen hunderte ähnlich verzweifelte Menschen ihre Anträge, doch die Behörde lehnt bislang alle mit der im Kern immer gleichen Begründung ab. Wohl auch, weil es eine immer noch bestehende interne Anweisung des weisungsbefugten Bundesgesundheitsministeriums gegenüber dem BfArM gibt, keinen Antrag positiv zu bescheiden.

So beschreitet Harald Mayer den mühevollen Rechtsweg, klagt vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln, das im November 2019 verhandelt. Das Ergebnis beinhaltet eine Perspektive für ihn, denn die 7. Kammer entscheidet nicht, sondern legt den Fall dem Bundesverfassungsgericht vor.

Urteil: Recht auf selbstbestimmtes Sterben

Zwischenzeitlich verhandelt eben jenes Bundesverfassungsgericht in einer anderen Sache über eine andere Frage: Ist das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe in Paragraf 217 Strafgesetzbuch verfassungsgemäß? Nein, so das Karlsruher Urteil im Februar 2020 - es gebe ein Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben, das sich aus dem Grundgesetz ableiten lasse. 

Harald Mayer, dessen Krankheit sich immer weiter verschlechtert, schöpft aufgrund dieses Urteils auch für sein Verfahren neue Hoffnung. Doch im Mai 2020 lehnt das Verfassungsgericht die Kölner Vorlage als unzulässig ab. Denn die Vorlagefragen stammen ja aus dem Jahr 2019, berücksichtigen also nicht die Grundsatzentscheidung des Verfassungsgerichts vom Februar 2020.

Gericht nennt Sterbehilfeorganisationen als Alternative

Für das Kölner VG ist damit der Fall klar. Sie lehnen Mayers Antrag auf Erteilung einer tödlichen Dosis Natriumpentobarbital zum Zweck der Selbsttötung im November 2020 ab, sehen keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht Suizidwilliger. Der Gesetzgeber wolle ja auch ein Schutzkonzept für Sterbehilfe und die Verwendung von Betäubungsmitteln vorlegen. Und bis dahin gäbe es für Kläger Mayer ja die Möglichkeit, die Dienste von Sterbehilfeorganisationen in Anspruch zu nehmen; es gebe also konkrete Alternativen.

Doch die dreiköpfige Spruchkammer des VG hat auch Zweifel an der aktuellen Rechtslage. Ist tatsächlich ein Erwerbsverbot für ein todbringendes Medikament mit dem Grundgesetz vereinbar? Doch das VG sieht sich außerstande, anders zu entscheiden.    

Tödliche Dosis in extremen Ausnahmefällen

Nun muss in der Berufungsinstanz das OVG Münster verhandeln und entscheiden. Sollte Harald Mayer hier wieder verlieren, wird er sicher Revision zum Bundesverwaltungsgericht einlegen. Und da wäre wieder der 3. Senat gefragt. Jener Senat, der am 2. März 2017 eine viel diskutierte Entscheidung traf: dass nämlich in extremen Ausnahmefällen der Zugang zu Natriumpentobarbital nicht verwehrt werden darf.

So oder so wird der 2.2.22 für Harald Mayer immer ein Datum mit besonderer Bedeutung sein.

Christoph Schneider ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

             

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von Christoph Schneider
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