Bio-Landwirt: "Gesunder Boden ist unsere Lebensgrundlage"

    Interview

    Regenerative Landwirtschaft:"Gesunder Boden ist unsere Lebensgrundlage"

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    Böden werden verdichtet, versiegelt, als Spekulationsmasse betrachtet. Biobauer Benedikt Bösel erklärt, weshalb es Zeit ist, den Boden zu "retten" - und was jeder beitragen kann.

    Windräder und blühende Rapsfelder
    Wiederkehrende Hitze und die dadurch entsehende Wasserknappheit setzt der Landwirtschaft immer häufiger zu. Eine Lösung könnte der "syntropische Agroforst" sein.(Symbolbild)
    Quelle: pa/dpa-Bildfunk

    Benedikt Bösel
    Quelle: © Gut und Bösel / Emanuel Finckenstein

    … will mit innovativen Methoden eine ressourcenschonende und damit zukunftsfähige Landwirtschaft aufbauen.

    Für seine Arbeit wurde der 38-Jährige als "Landwirt des Jahres 2022" ausgezeichnet.

    Seine Erfahrungen und Hoffnungen hat Bösel in einem Buch niedergeschrieben. 

    ZDFheute: Nach Jahren großer Dürre haben sich Bauern und Gärtner in diesem Frühling vielerorts über reichlich Regen gefreut - auch Sie in Ostbrandenburg, einer der trockensten Gegenden Deutschlands?
    Benedikt Bösel: Ja, auch hier sind für unsere Verhältnisse große Mengen Regen heruntergekommen, was uns glücklich macht. Fakt ist aber auch: Wir bräuchten noch viel mehr, denn in den vergangenen vier Jahren gab es nur extrem geringe Niederschläge. Die Folge: Ein dramatisch fallender Grundwasserspiegel, was dem ganzen Ökosystem sehr zusetzt.
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    ZDFheute: Sie haben einen ungewöhnlichen Karriereweg zurückgelegt: vom Banker zum Bauern und "Bodenretter". Wovor oder vor wem müssen Sie denn den Boden retten?
    Bösel: Vor gefährlichen Eingriffen des Menschen! (lacht) Aber im Ernst: Ich denke, als Gesellschaft müssen wir wieder ein tieferes Verständnis dafür entwickeln, dass ein gesunder Boden die Grundlage unseres Lebens ist. Vielerorts werden Böden ausgelaugt, verdichtet oder gar versiegelt. Wir versuchen, den Boden aufzubauen und lebendiger zu machen.

    Wir wollen eine Landwirtschaft, die sich wieder in den Kreisläufen der Natur bewegt.

    Benedikt Bösel, Biobauer

    ZDFheute: Wer durch Brandenburg fährt, kann Felder mit Monokulturen bis zum Horizont sehen. Sie setzen dagegen auf "syntropischen Agroforst". Was ist das?
    Bösel: Syntropisch bedeutet, dass etwas "gemeinsam" funktioniert. Auf die Landwirtschaft bezogen heißt das, dass wir die lange getrennten Disziplinen Forst, Ackerbau und Viehzucht auf der gleichen Fläche zusammenbringen und die vielfältigen, positiven Wechselbeziehungen nutzen.
    Wir haben also auf unsere Felder gleichmäßig Baumstreifen gesetzt, in denen nun vielerlei Arten Obstbäume wachsen, außerdem Beerensträucher und Krautpflanzen. Auf den Grasstreifen zwischen den Bäumen dürfen sich Hühner tummeln, anderswo Kühe. Auf den größeren Flächen zwischen den Pflanzstreifen wächst Getreide. Da entstehen neue Ökosysteme, in denen Artenvielfalt gedeiht. Ziel ist es, die über Jahrtausende gewachsenen Muster der Natur nachzuahmen.
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    ZDFheute: Welche Effekte hat der Agroforst auf Boden und Mikroklima?
    Bösel: Für mich sind die positiven Effekte atemberaubend. Agroforst bringt die Lebendigkeit in den Boden zurück. Es bilden sich Symbiosen zwischen Wurzeln, Mikroorganismen und Bodentieren.
    Die Biomasse der Pflanzen, die als Mulch auf dem Boden liegen bleibt, sorgt für den Aufbau einer lebendigen Humusschicht. Die Baum- und Strauchstreifen werden zu Lebensräumen für Insekten, Vögel und andere Tiere. Zudem bremsen sie den Wind und werfen Schatten, was den Boden vor Erosion und Austrocknung schützt, wir 'pflanzen Wasser'.
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    ZDFheute: Nun kann nicht jeder einen syntropischen Agroforst errichten, um dem Boden und der Artenvielfalt etwas Gutes zu tun. Was aber könnte jeder von uns - auf dem Balkon oder im Garten - im Kleinen beitragen?
    Bösel: Das Allerwichtigste ist, den Boden immer bedeckt zu halten. Wer also im Garten Beikräuter jätet, sollte sie am besten auf dem Boden liegenlassen, um die Erde vor dem Austrocknen zu schützen. Gleichzeitig liefert die Biomasse Nährstoffe für die Bodenorganismen. Das Gleiche gilt für Topfpflanzen auf dem Balkon: Wenn da ein Blatt abfällt, bitte nicht wegschmeißen, sondern auf die Erde legen.
    ZDFheute: Da werden Ihnen einige entgegenrufen: Das sieht aber nicht ordentlich aus!   
    Bösel: Richtig, das sieht nicht ordentlich aus, aber von dem Begriff sollten wir uns in Gärten eh verabschieden. (lacht) Je unordentlicher, desto besser.

    Wir brauchen Asymmetrie und eine hohe Diversität, wir sollten viele Pflanzenarten- und -sorten miteinander kombinieren und wenn möglich auch so, dass die Pflanzen auf engem Raum in unterschiedlichen Höhen gedeihen.

    Benedikt Bösel, Biobauer

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    ZDFheute: Aber was mache ich, wenn ich keinen "guten" Boden habe?
    Bösel: Ist der Boden staubtrocken, strukturlos und ohne sichtbares Leben, würde ich Biomasse auftragen - Blätter von Bäumen, kleingeschnittene Äste, Kompost et cetera.

    Es gibt viele natürliche Mittel, mit dem wir den Boden wieder lebendig machen können.

    Benedikt Bösel, Biobauer

    Das Interview führte Marcel Burkhardt.

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