Rente mit 70? Warum der Druck auf das Rentensystem wächst

    FAQ

    Lebenserwartung und Geburtenrate:Warum der Druck auf das Rentensystem wächst

    01.08.2022 | 18:20
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    Rente mit 70? Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall fordert angesichts steigender Lebenserwartung und geringer Geburtenrate genau das. Ein Überblick zur Problematik.

    Baden-Württemberg, Weingarten: Eine Rentnerin hält in Weingarten ihren geöffneten Geldbeutel in ihrer Hand.
    Nach aktueller Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben.
    Quelle: Felix Kästle/dpa

    "Die Rente ist sicher", betonte Arbeitsminister Norbert Blüm regelmäßig in den 1990er Jahren. Seitdem hat es schon eine Reihe von Reformen gegeben, um das Rentensystem angesichts höherer Lebenserwartung und sinkender Geburtenrate stabil zu halten.
    Doch die Lage bleibt schwierig, die Bundeszuschüsse aus Steuermitteln müssen seit Jahren steigen. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf fordert nun eine stufenweise Anhebung des Rentenalters auf 70 Jahre. Ein Überblick zur Problematik:

    Warum wird die Rentenfinanzierung immer schwieriger?

    Seit Jahren steigt die Lebenserwartung in Deutschland, gleichzeitig ist die Geburtenrate gering. Die Folge: Immer weniger Erwerbstätige müssen eine immer größere Zahl von Rentnern finanzieren.
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    Laut Statistischem Bundesamt lebten 2019 rund 18 Millionen Menschen ab 65 Jahren in Deutschland. Bei einer moderaten demografischen Entwicklung wird ihre Zahl demnach bis 2037 mit 23,3 Millionen einen Höhepunkt erreichen und sich dann längerfristig auf diesem Niveau stabilisieren. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Erwerbstätigen - je nach Szenario der Statistiker bis zum Jahr 2060 um zwei bis zehn Millionen.

    Wie sieht die aktuelle Regelung zum Renteneintritt aus?

    Vor 2012 konnten Erwerbstätige im Alter von 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen. Seitdem steigt das Renteneintrittsalter schrittweise von Jahrgang zu Jahrgang um ein bis zwei Monate an. Für Menschen, die 1958 geboren wurden, liegt das Rentenalter damit schon bei 66 Jahren, für alle, die nach 1964 geboren wurden, bei 67 Jahren.
    Ausnahmen von der Anhebung des Renteneintrittsalters gelten unter anderem für Schwerbehinderte und bei verminderter Erwerbsfähigkeit.

    Kann ich dennoch früher in Rente geben?

    Ja, unter bestimmten Bedingungen. Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, kann auch künftig bei vollen Bezügen früher aufhören zu arbeiten. Früher war das ab 63 Jahre möglich, für Jahrgänge ab 1953 verschiebt sich die Altersgrenze nun aber gleichfalls schrittweise auf 65 Jahre.
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    Für langjährig Versicherte, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, ist es auch weiter möglich, mit frühestens 63 Jahren in Rente zu gehen, wenn sei einen dauerhaften Rentenabschlag in Kauf nehmen. Dieser liegt bei bis 14,4 Prozent. Dabei werden für jeden Monat, den man vorzeitig in die Rente eintritt, 0,3 Prozent von der Rente abgezogen.

    Was sagt die Bundesregierung zur Debatte um die Anhebung des Rentenalters?

    "Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben", heißt es kategorisch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Vereinbart wurde zudem, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung in dieser Legislaturperiode nicht über 20 Prozent steigen soll.
    Er liegt derzeit bei 18,6 Prozent, wobei Arbeitnehmer  und Arbeitgeber je die Hälfte zahlen. Das Mindestrentenniveau von 48 Prozent soll nach der Koalitionsvereinbarung zudem dauerhaft gesichert werden.

    Was sagen andere zur Rente mit 70?

    Auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) kam zur Rente mit 70 ein "klares Nein". Eine Erhöhung des Rentenalters sei "nichts anderes als eine Rentenkürzung mit Ansage", erklärte Vorstandsmitglied Anja Piel. "Viele Beschäftigte schaffen es schon heute nicht, gesund bis zur Rente durchzuhalten."
    "Ein Großteil der Bauarbeiter ist bereits mit Ende 50 körperlich am Ende und muss vorzeitig in Rente gehen", sagte der IG-Bau-Bundesvorsitzende Robert Feiger den Funke-Zeitungen. "Für Dachdecker ist die Rente mit 70 ein Alptraum. Ebenso für Zimmerer, Gerüstbauer, Betonbauer oder Eisenflechter. Aber auch Gebäudereinigerinnen und Fensterputzer sind körperlich oft einfach früher am Ende." Feiger warf Wolf vor, das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung zu erschüttern.

    "Reserven aufgebraucht"
    :Gesamtmetallchef Wolf für Rente mit 70

    Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall hat sich für ein späteres Renteneintrittsalter ausgesprochen. Es solle stufenweise auf 70 Jahre angehoben werden.
    Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf während einer Pressekonferenz in Stuttgart.
    Quelle: AFP

    Rente in Deutschland