Die aktuelle Dürreperiode macht dem Rhein schwer zu schaffen. Die Pegelstände sind dieses Jahr ungewöhnlich früh auf niedrigem Stand. Was heißt das für Natur und Wirtschaft?
Die Binnenschifffahrt auf dem Rhein ist in akuter Gefahr, der Fluss ist bereits jetzt an mehreren Stellen so trocken wie schon lange nicht mehr. Und das hat Folgen für Wirtschaft und Umwelt.
Momentan liegt der Pegelstand bei Kaub (Rheinland-Pfalz) - einer besonders wichtigen Engstelle zwischen Wiesbaden und Koblenz - etwa 30 Prozent unter dem Durchschnittsniveau im Vergleich zum Sommer der letzten vier Jahre. In der Vergangenheit lag der durchschnittliche Pegelstand von Mai bis August bei etwa 2 Metern, zuletzt war er über den gleichen Zeitraum gesehen rund 60 Zentimeter niedriger.
Dabei beginnt die Zeit des Niedrigwassers normalerweise erst im Herbst: So wurde der Jahrestiefststand des Rheinpegels im Rekord-Jahr 2018 an der Messstelle bei Kaub erst im Oktober gemessen. Der Vergleich zu den letzten Jahren zeigt: In den Sommermonaten 2018 bis 2021 führte der Rhein hier teilweise deutlich mehr Wasser als in diesem Jahr.
Güterverkehr auf dem Rhein läuft weiter
Die Engstelle im Mittelrheintal ist für die kommerzielle Schifffahrt von enormer Bedeutung. Eine volle Beladung der Schiffe ist laut Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt nur möglich, wenn der Pegelstand hier mindestens 2,5 Meter beträgt. Aktuell sind es allerdings weniger als 40 Zentimeter.
Laut dem Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) könne ein Schiff, das normalerweise 4.000 Tonnen Fracht aufnehmen kann, aktuell nur etwa 1.000 Tonnen laden. Die Transportunternehmen müssten stattdessen mehrere kleinere Schiffe schicken, wodurch die Transportkosten stiegen.
Eine komplette Einstellung des Güterverkehrs auf dem Rhein soll jedoch vermieden werden: "Die Binnenschifffahrt unternimmt auch unter erschwerten Schifffahrtsverhältnissen alles, um die Versorgung der Wirtschaft und Industrie mit Gütern und Rohstoffen sicherzustellen", sagt BDB-Präsident Martin Staats. Der Betrieb solle "bis an die Grenzen des physikalisch Möglichen" fortgesetzt werden, heißt es weiter in einer Pressemitteilung des BDB.
Binnenschifffahrt macht nur Bruchteil des Güterverkehrs aus
Der wichtigste Transportweg für Güter innerhalb Deutschlands ist allerdings noch immer der Straßenverkehr. Etwa 3,7 Milliarden Tonnen wurden im Jahr 2020 von LKWs über deutsche Straßen transportiert, das waren etwa 80 Prozent des Gesamtverkehrs. Im Vergleich dazu machte der Güterverkehr auf Wasserstraßen nur etwa 4 Prozent aus. Auch der Schienenverkehr steht weit hinter dem umweltschädlicheren Verkehr auf der Straße.
Auch die Natur ist vom Niedrigwasser betroffen
Doch Niedrigwasser ist nicht nur für den Güterverkehr ein Problem: Auch die Umwelt leidet unter den niedrigen Pegeln. Laut dem Biologen Markus Weitere vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sind insbesondere Auen, also die überschwemmten Nebengebiete eines Flusses, bei Niedrigwasser betroffen: "Wir müssen unterscheiden, was im Gewässer und im gesamten Ökosystem, also auch in den Auen passiert. Verschiedene Tierarten in den Auen, wie zum Beispiel Amphibien oder Jungfische, sind hier besonders gefährdet."
Durch den menschengemachten Klimawandel können solche Niedrigwasserphasen allerdings vermehrt auftreten, wie auch eine Studie von Klimaforscher*innen aus dem Jahr 2021 bestätigt.
Einzelne Unternehmen wie BASF in Ludwigshafen hätten bereits Pläne, angepasste Schiffe zu bauen, die auch bei extrem niedrigen Pegelständen fahrtüchtig seien, sagt Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt. Zumindest auf die kommenden Wochen blickt er jedoch positiv: "Es zeigt sich der Trend, dass die Situation sich mit einsetzenden Regenfällen in nächster Zeit etwas entspannen wird, wobei das Niedrigwasser damit noch nicht beendet ist."
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Autor: Luca Bartolotta
Redaktion: Robert Meyer, Kevin Schubert