Erst umstritten, jetzt gefeiert: Rheinland-Pfalz wird 75 Jahre alt. Aus dem Bundesland, das eigentlich niemand haben wollte, wurde ein Erfolgsprojekt.
Burgen prägen die Landschaft entlang des Rheins, steile Weinberge das Bild an der Mosel. In der Pfalz erstreckt sich das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Die malerische Landschaft von Rheinland-Pfalz lockt Touristen und bietet vier Millionen Einwohnern ein Zuhause.
Dabei wollte dieses "Bindestrich-Bundesland" zunächst niemand haben. Doch wie es sich häufig mit Provisorien verhält: Entgegen aller Erwartungen hatte
Rheinland-Pfalz Bestand und feiert nun sein 75-jähriges Bestehen - mit dem Verfassungstag am 18. Mai und mit einem großen Fest vom 20. bis 22. Mai in Mainz.
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1946 von französischer Militärregierung gegründet
Von einer Erfolgsgeschichte, die selten beachtet werde, spricht der Mainzer Historiker Michael Kißener mit Blick auf die Ausgangsbedingungen für das Bundesland nach dem Zweiten Weltkrieg und dem sich abzeichnenden Kalten Krieg. Manch einer in der französischen Besatzungsmacht hätte die Frage der deutschen Staatlichkeit 1946 gerne noch in der Schwebe gehalten. Viele Franzosen hegten Skepsis gegen einen deutschen Wiederaufbau.
Am Ende setzten sich diejenigen in der Administration durch, die in Deutschland "einen Fuß in der Tür" behalten und den Wiederaufstieg mit französischer Note mitgestalten wollten. So gründete die Militärregierung am 30. August 1946 Rheinland-Pfalz - per Verordnung Nummer 57. Am 18. Mai 1947 nahmen die Rheinland-Pfälzer die Landesverfassung an und wählten zugleich den ersten Landtag.
Bevölkerung war zunächst skeptisch
Wirtschaftlich schwache Gebiete, die bis dahin unterschiedliche staatliche Zugehörigkeiten hatten, bildeten das neue Bundesland. Das Landeswappen mit Kreuz, Rad und Löwe erinnert an die drei Hauptregionen des Konstrukts: Die einst preußischen Rheinprovinzen um Trier und Koblenz, Rheinhessen rund um Mainz und die zuvor bayerische Pfalz. Problemregionen am Rande des Reiches, die ständig Gefahr liefen, bei einem Krieg zwischen die Fronten zu geraten, wie Kißener sagt.
Auch die Bevölkerung stand den je anderen Gebieten skeptisch gegenüber.
Die einen wollten sich lieber Hessen, die anderen Nordrhein-Westfalen anschließen, die Pfalz Eigenständigkeit bewahren oder bei Bayern bleiben. Zahlreiche Debatten und Abstimmungen später, in denen das Land "nur knapp überlebte", wurde mit der letzten Abstimmung 1975 klar, dass sich Rheinland-Pfalz nicht nur auf dem Papier, sondern auch in den Köpfen etabliert hatte.
Dort wo die Mosel in den Rhein fließt, beginnen wir unsere Reise in Koblenz. Am Deutschen Eck wimmelt es nur so von Touristen auf dem Platz, der an Einheit und Freiheit erinnern soll. Die Stadt lockt Besucher mit ihrem besonderen Flair an.
Aufschwung durch europäische Annäherung
Große Namen wie Johannes Gutenberg, Hildegard von Bingen oder Karl Marx sind mit dem Land verbunden. Als prägendste Figur der Zeitgeschichte steht wohl Helmut Kohl (1930-2017) für Rheinland-Pfalz.
Chemieindustrie, das größte Weinanbaugebiet Deutschlands und die Stationierung von Nato-Streitkräften im Kalten Krieg bewirkten einen Aufschwung des Landes. Insbesondere profitierte die Region von der zunehmenden europäischen Annäherung.
Rheinland-Pfalz teilt 126 Kilometer Grenze mit Luxemburg, 112 mit Frankreich, 58 mit Belgien. Was früher Nachteil war, wurde nun zum Vorteil. Kißener sagt: "Die Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Union haben dieses Land aus der früheren Grenzregion, wo keiner investieren wollte, in die Mitte Europas katapultiert."
- Wiederaufbau weiter mit Hindernissen
Auch ein Dreivierteljahr nach der Hochwasserkatastrophe sind die gewaltigen Dimensionen der Zerstörung in den Flutgebieten sichtbar. Der Wiederaufbau läuft nur schleppend.