Brasilien:Rio: Viele Tote bei Razzia in Armenviertel
22.07.2022 | 02:42
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Bei einem Polizeiensatz in einer Favela im brasilianischen Rio de Janeiro sind mehrere Menschen ums Leben gekommen. Tote in Folge von Razzien sind in der Metropole kein Einzelfall.
Bei einer Polizeirazzia in einem Armenviertel in Rio de Janeiro sind mindestens 18 Menschen getötet worden. Es handele sich dabei um eine vorläufige Angabe, da die Zahl der Toten noch ermittelt werde, teilte Ivan Blas, Sprecher der Militärpolizei des gleichnamigen Bundesstaats, am Donnerstagabend (Ortszeit) mit.
In einer ersten Stellungnahme der Polizei war von einem getöteten Beamten, zwei weiteren Toten und einer verletzten Frau die Rede gewesen. Die Zeitung "O Globo" berichtete, dass die Frau später im Krankenhaus für tot erklärt worden sei.
Polizei: Verbrecherbande im Visier
Ziel der Razzia im Complexo do Alemão, der größten Ansammlung von Favelas in der brasilianischen Metropole, war nach Angaben der Polizei eine Verbrecherbande, die sich auf Autodiebstähle und Banküberfälle spezialisiert hat.
Die Razzia begann am Donnerstag vor Morgengrauen und dauerte bis zur Mittagszeit an. Fast 400 Beamte waren beteiligt, auch die taktische Polizeieinheit von Rio, wie die Behörden mitteilten. Rückendeckung gaben ihnen demnach vier Helikopter und zehn gepanzerte Fahrzeuge.
Medienberichten zufolge kam es zu heftigen Feuergefechten zwischen schwerbewaffneten Mitgliedern von Elite-Einheiten der Polizei und Kriminellen. Die Behörden erklärten, die Polizisten seien bei dem Einsatz mit "militärischen und Guerilla-Taktiken" angegriffen worden.
Anwohnerin kritisiert Verhalten der Polizei
Eine Anwohnerin der Favela kritisierte gegenüber der Nachrichtenagentur AP den Polizeieinsatz scharf:
Was die Polizei einen Einsatz nennt, ist ein Massaker.
Favela-Bewohnerin
Sie und andere seien davon abgehalten worden, Verletzten beizustehen. Sie habe einen Mann gesehen, der zu helfen versucht habe und festgenommen worden sei. Ihren Namen nennen wollte die Frau aus Furcht vor Repressalien nicht nennen.
Rios Gouverneur Cláudio Castro verteidigte die Razzia auf Twitter.
"Ich werde weiterhin mit all meiner Kraft Verbrechen bekämpfen. Wir werden nicht klein beigeben bei der Mission, Frieden und Sicherheit für das Volk unseres Staates zu gewährleisten", schrieb er.
"Ich werde weiterhin mit all meiner Kraft Verbrechen bekämpfen. Wir werden nicht klein beigeben bei der Mission, Frieden und Sicherheit für das Volk unseres Staates zu gewährleisten", schrieb er.
28 Tote bei Razzia im vergangenen Jahr
Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hatte in diesem Jahr eigentlich Richtlinien für Polizeieinsätze in den Favelas festgelegt, die Todesfälle und Verstöße gegen die Menschenrechte verringern sollen.
So ist etwa der Einsatz tödlicher Waffengewalt nur noch in letzter Instanz erlaubt. Anlass war eine Razzia in der Favela Jacarezinho im Jahr 2021, bei der 28 Menschen ums Leben kamen.
Im Mai dieses Jahres kamen ebenfalls bei einer Razzia mindestens 22 Menschen ums Leben:
Quelle: AP, AFP