Tag gegen den Schlaganfall: Zeit rettet Gehirn

    FAQ

    Tag gegen den Schlaganfall:Zeit rettet Gehirn

    von Isabel Handrich, Lukas Wagner
    |

    Rund 260.000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich einen Schlaganfall. Eine 29-Jährige schildert ihren Fall und eine Expertin erklärt, was bei einem Schlaganfall zu tun ist.

    Das Bild zeigt einen computeranimierten Menschen, dessen Gehirn veranschaulicht wird. Wenn ein Schlaganfall aufritt muss es schnell gehen, damit so wenig Gehirnschäden wie möglich entstehen. (Symbild)
    Wenn ein Schlaganfall aufritt, muss es schnell gehen, damit so wenig Gehirnschäden wie möglich entstehen. (Symbolbild)
    Quelle: Imago/Science Photo Library

    "Ein Flimmern und Flackern auf den Augen." An dieses Detail erinnert sich Julia Montaner Freixa genau. Auch schwere Kopfschmerzen plagen sie an diesem Tag im November 2017, doch sie schiebt es auf ihren Kreislauf und arbeitet weiter. Einen Tag später, sie steht in der Dusche, merkt die 29-Jährige endgültig: Etwas stimmt nicht.

    Ich konnte nichts mehr greifen. Ich war wie neben mir.

    Julia Montaner Freixa

    Erst bei ihrem Arzt kristallisiert sich heraus: Sie hatte einen Schlaganfall.
    So wie Julia Montaner Freixa geht es jedes Jahr tausenden Menschen: Von einem auf den anderen Tag ändert sich für sie alles. Dabei erkennen viele anfangs nicht, woher ihre Symptome kommen. So auch Montaner Freixa, die erst einen Tag nach dem Duschvorfall ihren Arzt aufsucht. Heute weiß sie: "Time is brain" - bei einem Schlaganfall zählt jede Minute. Der 10. Mai, der Tag gegen den Schlaganfall, soll darauf aufmerksam machen.

    Wie erkennt man einen Schlaganfall?

    Die Gesundheitswissenschaftlerin Frederike Prisset von der Deutschen Schlaganfall-Hilfe erklärt: "Wichtig ist es, den FAST-Test zu kennen." Jeder kann damit einfach testen, ob eine Person beim Lächeln beide Mundwinkel nach oben zieht oder eine Seite herunterhängt, die Arme gleichzeitig hochgehalten werden können und ob deutliches Sprechen noch möglich ist. Ist eine Person zu den drei Punkten nicht mehr fähig, muss unverzüglich die Notrufnummer "112“ gewählt und der Verdacht auf einen Schlaganfall geäußert werden.

    Face (Gesicht): Die Person bitten zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.

    Arms (Arme): Die Arme nach vorne strecken und dabei die Handflächen nach oben drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.

    Speech (Sprache): Die Person bitten, einen einfachen Satz nachzusprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.

    Time (Zeit): Nicht zögern, unverzüglich die 112 wählen und die Symptome schildern.

    Häufige Fehler, die Erstversorger machen, sind, ansprechbare Betroffene in die stabile Seitenlage oder auf den Rücken zu legen.

    Man muss aber vermeiden, dass noch mehr Blut ins Gehirn fließt.

    Frederike Prisset, Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

    "Deshalb Kopf nach oben." Auch Trinken oder Medikamente zu geben, sei aufgrund möglicher Schluckbeschwerden kontraproduktiv. "Am besten wie beschrieben vorgehen und auf den Notarzt warten", sagt die Gesundheits-Expertin.

    Was sind die Ursachen eines Schlaganfalls?

    Hinter einem Schlaganfall können verschiedene Ursachen stehen. In rund 80 Prozent der Fälle sei ein Hirninfarkt durch eine Unterversorgung des Gehirns mit Blut der Grund, sagt Prisset. Ursächlich kann zudem das Aufplatzen eines Gehirngefäßes sein. Bei Julia Montaner Freixa stellte sich heraus, dass sie ein angeborenes Loch in der Herzwand hatte. Dort bildete sich ein Gerinnsel, das in den Körperkreislauf gelangte.
    Von den ungefähr 260.000 Schlaganfällen pro Jahr in Deutschland treten laut Frederike Prisset etwa 30.000 in der jüngeren Gruppe der 18- bis 55-Jährigen auf. Schaut man sich alle Altersgruppen an, zeige sich ein leicht erhöhtes Risiko bei Frauen, während ab 65 Jahren Männer ein höheres Risiko aufweisen, sagt Prisset.

    Wie kann man sich vor einem Schlaganfall schützen?

    "70 Prozent der Schlaganfälle können vermieden werden. Durch frühzeitiges Abklären von Warnzeichen und einen gesunden Lebensstil", sagt Frederike Prisset. Bewegung spiele eine große Rolle. Dabei müsse kein Hochleistungssport betrieben werden, jeder zusätzliche Fußweg zum Bäcker zähle. Eine gesunde Ernährung sowie der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten senke ebenfalls das Risiko für einen Schlaganfall.
    Die Folgen des Schlaganfalls begleiten Julia Montaner Freixa noch heute: Sie hat Epilepsie, Spastiken und Probleme beim Sprechen. Trotzdem sagt sie:

    Mental bin ich stärker denn je.

    Julia Montaner Freixa

    Die größte Motivation für Julia Montaner Freixa sind Sätze ihrer Tochter, wie dieser: "Mama, irgendwann brauchst du den Rollstuhl nicht mehr und dann rennen wir."