Nach Tod der Queen:Schottland: Wunsch nach Unabhängigkeit wächst
12.09.2022 | 20:17
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Der Wunsch nach Unabhängigkeit in Schottland wächst seit Jahren. Eine neues Referendum wird schon geplant. Der Tod der Queen könnte die Unabhängigkeitsbewegung stärken.
Der Tod von Elizabeth II. befeuert die Debatte um die Unabhängigkeit Schottlands.
Quelle: epa
Die Anteilnahme der Schotten am Tod der Queen ist groß: Zehntausende säumten am Sonntag die Straßen, um der Verstorbenen auf ihrer Reise in die schottische Hauptstadt Edinburgh die letzte Ehre zu erweisen. Für Schottland könnte das Ende der Ära von Elizabeth II. weitreichende Folgen haben, denn der Tod der Queen hat die Debatte um die Unabhängigkeit von London neu entfacht.
Die Königin war "eines der Fundamente des Vereinigten Königreichs, sie hat dazu beigetragen, die Einheit zu bewahren", sagt Archie Nicol. Der 67-Jährige ist eigens aus dem nordschottischen Kintore zum königlichen Anwesen in Balmoral gereist, wo die Queen am Donnerstag gestorben war.
Zweifel an König Charles III.
Politische Kommentatoren bezweifeln, dass der neue, weniger populäre König Charles III. ein ebensolcher Garant der Einheit sein wird.
Einige Schotten werden das Ende dieser Ära als einen natürlichen Zeitpunkt für einen Neuanfang betrachten.
Alex Massie, schottischer Journalist der "Times"
"Der Übergang der Krone ist ein Moment der Schwäche, vielleicht sogar der Zerbrechlichkeit", schreibt Adam Tomkins, Verfassungsrechtler an der Universität Glasgow, in der Zeitung "The Herald".
Viele Schotten kämpfen für Unabhängigkeit
Die Unabhängigkeitsbewegung in Schottland wächst seit Jahren. Der Brexit, den die Mehrheit der Schotten ablehnte, verschaffte ihr weiteren Zulauf. Seit 2007 regiert die Unabhängigkeitspartei SNP. Bei einem Referendum 2014 hatten sich allerdings 55 Prozent der Schottinnen und Schotten für den Verbleib im Vereinigten Königreich ausgesprochen.
Trotz des Widerstands der britischen Regierung kündigte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon Ende Juni an, im Herbst 2023 ein neues Referendum über die Unabhängigkeit abhalten zu wollen - eine Entscheidung, die der Oberste Gerichtshof Großbritanniens im Oktober prüfen wird.
Die SNP setzt sich zwar für die Unabhängigkeit Schottlands ein, fordert aber nicht unbedingt einen Bruch mit der Monarchie. Sturgeon hatte nach Bekanntwerden des Todes der Königin "die Hingabe und den außergewöhnlichen Dienst" der Queen gewürdigt.
Charles III. hat besondere Beziehungen zu Schottland
Der SNP-Gründer und ehemalige schottische Regierungschef Alex Salmond prägte sogar den Ausdruck "Königin der Schotten" und knüpfte enge Beziehungen zu Charles, als dieser noch Thronfolger war.
Der neue König hat eine besondere Beziehung zu Schottland: Charles III. liebt nicht nur Schottenröcke, er verbrachte auch einen Teil seiner Jugend in einem strengen schottischen Internat und besitzt mehrere Anwesen in dem Landesteil.
Chance auf Neuanfang?
Manche Regionalzeitungen wie der "Daily Record" sehen in Charles' Engagement für den Umweltschutz eine Chance für Schottland und hoffen, dass der König die Entwicklung weg vom Kohlebergbau hin zu einem Vorreiter bei den erneuerbaren Energien unterstützen wird.
Dennoch seien die Schotten "wesentlich reservierter gegenüber dem Haus Windsor als die englischen Wähler", sagt der Journalist Alex Massie und fordert Regierungschefin Sturgeon auf, die Schotten in "eine republikanische Zukunft" zu führen.
In einer Umfrage der Denkfabrik British Future vom Juni unterstützten 45 Prozent der Schotten die Monarchie, während sich 36 Prozent für eine Republik aussprachen. Mit dem Tod der Queen könnte das republikanische Lager weiteren Zulauf gewinnen.
Quelle: Anna Malpas, AFP
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