Der Hersteller der Seifenmarke Dr. Bronner's aus den USA setzt auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Dafür gibt es Kritik, aber auch sehr viel Zuspruch.
Michael Bronner ist einer der Erben der US-amerikanischen Seifenmarke Dr. Bronner's. Das Familienunternehmen mit deutschen Wurzeln gilt als Pionier von fairer und bio-zertifizierter Naturkosmetik. Ein Interview über politischen Aktivismus, nachhaltiges Unternehmertum und Greenwashing.
ZDFheute: Kommt Ihnen die Idee, mit Seife die Welt verbessern zu wollen, manchmal verrückt vor?
Michael Bronner: Es ist bekanntlich ein schmaler Grad zwischen Genie und Wahnsinn.
Er entkam und trampte nach Los Angeles. Dort standen Leute auf ihren Seifenkisten, redet über Politik, die Zukunft des Landes und Religion. Er passte dort genau hin.
Heute glaube ich, dass jeder einen Beitrag leisten kann, egal in welcher Branche. Als Unternehmer haben wir einen größeren Hebel und deshalb ist es umso wichtiger, das Richtige zu tun.
Herkömmliche Kosmetika enthalten oft ungesunde und giftige Inhaltsstoffe. Deswegen machen immer mehr Menschen ihre kosmetischen Produkte selbst.
ZDFheute: Hilft es dem Umsatz, wenn man sich als Unternehmen politisch äußert?
Bronner: Die Frage hat sich für mich so nie gestellt. Bei uns liegen Unternehmertum und Aktivismus in der DNA: Mein Ururgroßvater, mein Urgroßvater und mein Großvater waren alle Seifensieder – und gleichzeitig sehr politische Menschen.
Meine Familie kommt ursprünglich aus Deutschland. Da wir Juden sind, verließ mein Großvater 1929 das Land, als die Nazis auf dem Vormarsch waren. Er sah den Holocaust kommen, doch er konnte seine Eltern nicht dazu bringen, ihn zu begleiten. Sie kamen in der Kristallnacht in Konzentrationslager.
Mein Großvater erreichte die USA mit nur wenig Kleidung und Kapital, aber dafür mit einer starken Arbeitsmoral, viel Wissen und Ausdauer. Doch mindestens genauso wichtig wie die Herstellung und der Verkauf der Produkte war ihm, seine Botschaft in die Welt zu bringen. Und die lautete: Frieden und Menschlichkeit. Daran halten wir bis heute fest.
ZDFheute: Haben Sie für Ihre Haltung je einen Shitstorm erlebt?
Bronner: Unsere Unterstützung für palästinensische Bauern, Black Lives Matter und unsere Position zur Unterstützung der Covid-Impfung wurden von Teilen des konservativen Milieus kritisiert.
Das war aber keine wirklich fundierte Kritik, sondern nur Trolling und Beschwerden, die wir in den Kommentarspalten auf Social Media und per E-Mail erhielten. Das meisten entsprachen nicht den Tatsachen, sondern waren einfach nur hasserfüllt und böse.
ZDFheute: Heutzutage liegen Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung bei Unternehmen scheinbar im Trend. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Bronner: Natürlich ist es richtig und gut, dass mehr Unternehmen nachhaltig und sozial agieren wollen. Je mehr dies tun umso besser! Was mir allerdings Sorgen bereitet, ist, dass einige Unternehmen scheinbar einen bestimmten Lifestyle darstellen oder bedienen wollen.
Wir wollen entlang der gesamten Lieferkette fair und nachhaltig sein – angefangen bei dem Bauern, der uns Rohstoffe liefert.
Die Corona-Krise legt den Welthandel lahm, auch weil Lieferketten unterbrochen sind. Das wiederum bremst die Globalisierung aus. Das Video zeigt, wie Lieferketten funktionieren.
ZDFheute: Ihre Flüssigseifen sind allerdings noch in Plastik verpackt, ein bekanntlich nicht besonders umweltfreundliches Material. Arbeiten sie an Alternativen?
Bronner: Ja. Wir arbeiten daran, die Wiederverwertbarkeit des von uns verwendeten Plastiks und Papiers zu gewährleisten und suchen auch nach Alternativen für Plastik insgesamt. Uns ist bewusst, dass das eindeutig unsere größte Schwachstelle ist, auch wenn wir für unsere Verpackungen nur recyceltes Plastik verwenden.
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Seit einem Jahr nimmt die "Fair Toys Organisation" Kurs Richtung fair produziertes Spielzeug. Was aber immer noch fehlt: Ein passendes Siegel.
ZDFheute: Wie erkennt man als Konsument, ob Unternehmen es wirklich ernst meinen?
Das ist in der Tat schwierig. Zertifizierungen können ein guter Indikator sein, allerdings stiftet der Dschungel an Siegeln für Konsumenten oft auch Verwirrung. Die Ironie ist, dass Unternehmen für bestimmte Zertifikate zum Teil hohe Gebühren zahlen müssen. Die sind für kleinere Player am Markt mitunter nicht bezahlbar oder lohnenswert.
Andersrum kann man sich Zertifikate auch "erkaufen", ohne besonders fair zu sein. Ein Beispiel: Man kann ein Produkt mit dem Fairtrade-Siegel schmücken, wenn nur 20 Prozent der Inhaltsstoffe aus fairem Handel stammen.
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Ich halte das internationale Zertifikat B Corp für einen guten Indikator, da es die soziale, ökologische und ökonomische Gesamtleistung eines Unternehmens bewertet.
Das Interview führte Jana Sepehr
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