Der französische Zeichner und Karikaturist Jean-Jacques Sempé ist gestorben. Der Erfinder des "kleinen Nick" wäre am kommenden Mittwoch 90 Jahre alt geworden.
Jean-Jacques Sempé, der Zeichner der berühmten Kindergeschichten um den "kleinen Nick", ist tot. Er starb im Alter von 89 Jahren, wie die Nachrichtenagentur "AFP" unter Berufung auf Sempés Ehefrau mitteilte. Der Nachwelt hinterlässt der Zeichner und Cartoonist über 40 Bildbände, darunter sein größter Erfolg "Der kleine Nick".
Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne würdige den Zeichner auf Twittert: "Sempé, das war die Zeichnung, das war der Text. Es war das Lächeln und die Poesie. Manchmal hatte er Tränen in den Augen vor Lachen, heute Abend sind es Tränen der Rührung."
Sempés "Der kleine Nick" in 30 Sprachen übersetzt
Die Serie, im Original "Le Petit Nicolas", ist zusammen mit dem 1977 gestorbenen Texter René Goscinny, Autor der Asterix-Hefte, entstanden. Sempé beschreibt eine Kindheit, die er sich stets erträumt hat. Die ersten Abenteuer wurden 1956 in Comic-Form in einer belgischen Zeitschrift veröffentlicht, bevor sie 1959 in der Regionalzeitung "Sud-Ouest" abgedruckt wurden.
Die verrückten Einfälle des Dreikäsehochs haben sich millionenfach verkauft und sind in mehr als 30 Sprachen übersetzt.
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Sempé: schüchtern und bescheiden
Sempé hat Geschichten über den Menschen in seiner Unvollkommenheit gezeichnet, das winzige Individuum in einer monströsen Umwelt oder den Bildungsbürger mit seinen Spleens. Mit seinem liebevoll-ironischen Strich war er dem kauzigen bis schrulligen Charme der Bourgeoisie auf der Spur, ebenso wie dem kleinen Mann, der aus der Masse hervorstechen will, oder den Schönen und Reichen.
Sempé gehört zu den bedeutendsten Zeichnern und Karikaturisten Frankreichs. Eine Karriere, auf die jeder andere furchtbar stolz wäre. Nicht so Sempé, der als schüchtern und bescheiden galt.
Seit 60 Jahren versuche er humorvolle Zeichnungen zu entwerfen. Leider habe er das Ziel noch nicht erreicht, wie der Künstler, der am Mittwoch (17. August) 90 Jahre alt geworden wäre, in einem Interview sagte. Deshalb erzählte und illustrierte der Franzose, mit dessen Werke mehrere Generationen groß geworden sind, unermüdlich weiter.
Auf Sempés Tod reagierten etliche Politiker mit würdigenden Worten. Der Verband der französischen Feuerwehr verband dies mit einer konkreten Bitte an Sempé:
Kritiker: "Barmherziger Beobachter der menschlichen Komödie"
Erst Ende 2020 hatte Sempé mit "Garder le cap" (Kurs halten) einen neuen Bildband herausgebracht. Darin gab er sich wieder als unvergleichlicher Beobachter unserer Zeit. Den Titel habe er deshalb gewählt, weil jeder ein Ziel haben sollte - gleich ob Bäcker oder Forscher, erzählte er in dem Gespräch mit der Regionalzeitung "L'Alsace" weiter.
Eines ist klar: Er wollte die Menschen zeitlebens mit Geschichten über unsere großen und kleinen Fehler zum Lachen und Schmunzeln bringen. Dabei war Sempés Stil unverkennbar. Fröhlich oder melancholisch, farbig oder schwarz-weiß, mit oder ohne Bildunterschrift: Seine Illustrationen machen mit viel Poesie den Alltag sichtbar.
Dabei nahm er sich selbst nie aus.
Und weil er seinen Figuren gegenüber, die oft in komplizierten menschlichen Beziehungsgeflechten stecken, stets Nachsicht walten ließ, nannten ihn die Kritiker auch den "barmherzigen Beobachter der menschlichen Komödie".
Schwierige Kindheit
Wie er in dem 2012 auch auf Deutsch erschienenen Bilderbuch "Kindheiten" erzählt, war seine eigene Kindheit und Jugend als Sohn eines Lebensmittelhändlers eher bedrückend. Ständig Geldprobleme und streitende Eltern. Er hatte Ärger in der Schule und flog später bei einem Weinhändler aus der Lehre.
Mit zwölf begann er zu zeichnen, und dank seines Talents erhielt er als 19-Jähriger einen Nachwuchspreis. Er habe nichts anderes Vernünftiges machen können, erklärte er später. Sein heimlicher Traum war es gewesen, Jazz-Musiker zu werden - so wie sein Idol Duke Ellington.
60 Jahre lang Zeichner von Beruf
Der scheue Zeichenkünstler hat mehr als 60 Jahre lang die Menschen beobachtet und über das Leben philosophiert. Seine Geschichten über ihre Laschheiten und Falschheiten, ihre großen und kleinen Freuden und Enttäuschungen brachten ihm den Ruf ein, einer der "größten Soziologen" zu sein.
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