39 Corona-Tote an einem Tag - für die Metropole Shanghai ist das ein Höchstwert. Die Behörden warnen inzwischen ebenfalls vor "düsteren" Zeiten in Chinas Hauptstadt Peking.
Allen strikten Maßnahmen zum Trotz steigt die Zahl der Corona-Toten in Shanghai rasant an: Am Sonntag meldeten die Behörden der Wirtschaftsmetropole 39 neue Todesfälle und damit deutlich mehr als die bisherige Rekordzahl von zwölf Toten am Vortag. Auch in Chinas Hauptstadt Peking sind die dortigen Behörden inzwischen über wachsende Infektionszahlen alarmiert.
Probleme mit Lebensmitteln und ärztlicher Versorgung
Seit Anfang April ist Shanghai weitgehend abgeriegelt, die meisten der rund 25 Millionen Einwohner dürfen ihre Wohnungen so gut wie nicht verlassen. Der Verwaltung gelingt dabei kaum, die Konsequenzen für die Eingeschlossenen abzufedern: Die Stadt hat Mühe, ihre Bewohner mit frischen Lebensmitteln zu versorgen oder ärztlich betreuen zu lassen, weil die Gesundheitsdienste in erster Linie für Corona-Tests und -Behandlungen gebraucht werden. Bei den Betroffenen wächst zusehends der Ärger.
Ein sechsminütiges Video in den chinesischen Online-Netzwerken über die Auswirkungen des anhaltenden Corona-Lockdowns auf Shanghais Bewohner rief am Wochenende die chinesische Zensur auf den Plan. Allerdings hatten die Zensoren Mühe, das Video zu löschen, weil Internetnutzer es auf verschiedenen Cloud-Servern immer wieder neu hochluden.
Einfache Schwarz-Weiß-Luftaufnahmen vom menschenleeren Shanghai sind in dem Video zunächst unterlegt mit Presseerklärungen, in denen die Behörden zu Beginn des Corona-Ausbruchs im März noch versichern, dass sie einen Lockdown in der Metropole wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen ablehnen.
- Die Wirtschaft leidet - in China und weltweit
Seit Wochen ist Shanghai im Lockdown - und damit 25 Millionen Menschen. Die Wirtschaftsmetropole ist so wichtig für Chinas Wirtschaft, dass nun das ganze Land darunter leidet.
Es folgen Tonaufnahmen von Klagen eines Mannes, dessen kranker Vater in keinem Krankenhaus behandelt wird, von einer Frau, die nach einer Chemotherapie im Krankenhaus nicht nach Hause zurückkehren darf oder von einer Mutter, die ihre Nachbarn mitten in der Nacht um fiebersenkende Mittel für ihr Baby anfleht.
Als das Video am Samstagnachmittag tatsächlich von allen Online-Plattformen in China verschwunden war, reagierten viele Internetnutzer mit Unverständnis und Empörung. "Das Video zeigt nur nackte Tatsachen. Es gibt nichts Provokantes", kritisierte einer von ihnen. "Der Inhalt ist nicht neu - aber die Tatsache, dass sogar das zensiert wird, beunruhigt mich", schrieb ein anderer.
ZDF-Korrespondent Ulf Röller über den Umgang Chinas mit Corona
KP-Vertreter: Corona-Situation in Peking ist düster
Pekings Behörden warnen inzwischen ebenfalls vor "düsteren" Zeiten, nachdem allein am Sonntag 22 neue Infektionsfälle gemeldet wurden. Erste Beobachtungen deuteten darauf hin, dass sich das Virus seit einer Woche "unsichtbar" in der Hauptstadt ausgebreitet habe und "Schulen, Reisegruppen und viele Familien" betroffen seien, sagte Behördenvertreter Pang Xinghuo. Bei einem Viertel der Infizierten handelt es sich demnach um über 60-Jährige, von denen die Hälfte ungeimpft ist.
"Das Risiko einer fortgesetzten und versteckten Übertragung ist hoch, und die Situation ist düster", sagte Tian Wei vom städtischen KP-Komitee vor Journalisten.
Im besonders dicht besiedelten östlichen Bezirk Chaoyang sollen nun die Corona-Tests ausgeweitet werden. Auf unbestimmte Zeit wurden bereits in der ganzen Stadt außerschulische Kurse oder sportliche Aktivitäten untersagt.
Pekings Verwaltung hat außerdem strenge Kontrollen für die Einreise in die Stadt verhängt: Wer in die Stadt will, muss einen negativen Covid-Test vorweisen, der nicht älter sein darf als 48 Stunden. Wer in den vergangenen zwei Wochen Städte oder Landkreise besucht hat, in denen mindestens ein Coronafall gemeldet wurde, darf gar nicht einreisen.
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