Gasverbrauch zu Hause: Welche Vorgaben darf Politik machen?

    FAQ

    Gasverbrauch zu Hause:Welche Vorgaben darf die Politik machen?

    15.07.2022 | 09:35
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    Im Winter könnte es zu Hause ungemütlicher werden als in den Jahren zuvor. Gas sparen, Heizung runterdrehen ist angesagt. Welche Vorgaben dürfen Politik und Vermieter machen?

    Frau sitzt frierend auf dem Sofa
    Heizung runter - Decken raus. Im kommenden Winter könnte es angesichts der Gaskrise kühler in der Wohnung werden.
    Quelle: imago

    Angesichts der Gaskrise sind sich viele Fachleute mit der Politik einig: Damit im kommenden Winter kein Engpass beim Gas droht, müssen alle Gas sparen und weniger verbrauchen. Einzelne Wohnungsgesellschaften haben bereits Drosselungen bei der Heiztemperatur angekündigt. Wer darf eigentlich welche Maßnahmen ergreifen?

    Kann die Regierung zum Energiesparen zwingen?

    Die Bundesregierung kann Maßnahmen zum Energiesparen verordnen. Diese Möglichkeit gibt ihr das Energiesicherungsgesetz - und zwar bereits, bevor der Krisenfall eintritt, also die Notfallstufe im Notfallplan Gas. Denkbar ist etwa, dass Vorgaben zu Mindesttemperaturen fürs Heizen etwa in Büros und Werkshallen abgesenkt werden.

    Wie weit dürfen Vermieter die Temperatur senken? 

    Derzeit gibt es für Raumtemperaturen in Mietwohnungen und -häusern keine Vorgaben des Gesetzgebers. Es gibt aber zahlreiche Urteile von Amts- und Landgerichten, die sich mit dieser Frage befasst haben. Im Laufe der Jahre haben sich aus dieser Rechtsprechung Mindestwerte für die Raumtemperaturen ergeben, die ein Vermieter zu gewährleisten hat. Tagsüber sind das 20 bis 22 Grad und in der Nacht 17 bis 18 Grad.
    In diesem Rahmen bewegt sich etwa auch der Wohnungskonzern Vonovia. Das Bochumer Unternehmen hatte vor rund einer Woche angekündigt, die Leistung werde zwischen 23 Uhr und 6 Uhr auf 17 Grad Raumtemperatur reduziert. Niedrigere Temperaturen könnten von Gerichten als Grund für eine Mietminderung angesehen werden.

    Was fordert die Wohnungswirtschaft von der Politik?

    Die Wohnungswirtschaft fordert von der Politik, für den schlimmsten Fall eine Mindesttemperatur von 16 bis 18 Grad zu verordnen. "Weiter nicht, dann wird es schädlich für die Menschen, die dort leben, sagt etwa Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und betont: "Das ist eine Regelung für den Worst Case."

    Wie viel Prozent Gas spart ein Grad weniger Temperatur?

    Mit jedem Grad Raumtemperatur weniger könnten rund sechs Prozent Gas und damit auch Geld eingespart werden, rechnet Lion Hirth, Wissenschaftler für Energiepolitik an der Hertie School in Berlin vor. Mit einer gesetzlichen Verordnung von 16 bis 18 Grad könnte sich die durchschnittliche Raumtemperatur laut GdW um etwa drei Grad reduzieren. Einsparungen von bis zu 18 Prozent seien drin, schätzt Gedaschko.

    Wenn die Menschen auch noch anfangen würden, die Fenster nicht auf Kipp stehen zu lassen und einen Sparduschkopf zu verwenden, sind weitere zehn Prozent Einsparungen möglich.

    Axel Gedaschko, GdW

    Die Gasrechnung wäre bei diesen Annahmen also fast um ein Drittel günstiger.
    "Jede Kilowattstunde, die wir sparen, ist wichtig", so Lamia Messari-Becker, Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik. Sie gibt Tipps zum Energiessparen beim Heizen. 14.07.2022 | 4:47 min

    Wie gerecht wären Temperatur-Vorgaben?

    "Gesetzlich verordnetes Frieren der Mieterinnen und Mieter ist weder gerecht noch sozial", kritisiert der Deutsche Mieterbund eine mögliche Absenkung der bislang durch die Rechtsprechung festgelegten Mindesttemperaturen. Zu unterschiedlich sei der Wohnungsbestand und das Temperaturempfinden der Menschen.

    Denn natürlich macht es einen Unterschied, ob beispielsweise ein älterer oder kranker Mensch den ganzen Tag zu Hause sitzt oder ein junger vitaler Mensch sich nur zeitweise zu Hause aufhält.

    Deutscher Mieterbund

    Während zudem Mieterinnen und Mieter keinen Einfluss auf die Temperaturabsenkung haben, können Eigentümerinnen und Eigentümer nach eigenem Ermessen weiter selbst bestimmen, wie warm oder kalt es sein soll. "Da ist sicher eine Ungerechtigkeit, das möchte ich gar nicht abstreiten", sagt auch Wissenschaftler Hirth von der Hertie School. Aber man habe einfach "zu wenig Gas". Deshalb müssten auch Maßnahmen ergriffen werden, die "im Einzelfall" unbequem oder auch ungerecht seien.

    Wie soll eine mögliche Verordnung kontrolliert werden?

    "Es will niemand einen Gestapo-Staat, wo die Polizei rumläuft und Heizkörpereinstellungen kontrolliert, das ist natürlich völliger Unfug", sagt Experte Hirth.

    Der wichtigste Hebel ist aus meiner Sicht Information.

    Lion Hirth, Energieexperte

    Politik und Wissenschaft müssten transparent machen, was auf die Menschen zukomme. "Heizkosten für Gasheizungen werden um 300 Prozent steigen im nächsten Winter."
    Quelle: dpa

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