Die Netflix-Serie "Squid Game" übt auf brutale Weise Kritik am Gesellschaftssystem in Südkorea. Dass sie mittlerweile sogar Kinder schauen, halten Experten aber für gefährlich.
Die Streamingserie "Squid Game" bietet einen Reigen brutaler, blutiger Szenen - und doch schauen auch in Deutschland schon viele jüngere Kinder zu. In Pinneberg bei Hamburg hieß es aus einer Kita, selbst fünf- bis sechsjährige Kinder spielten die Serie nach. Auch auf Schulhöfen ist der makabere Wettbewerb zum Spielvorbild geworden, wie Lehrer warnten.
Experten plädieren dafür, die FSK-Altersfreigabe ab 16 Jahren unbedingt zu beachten. Die vielen Gewaltszenen stellten für Kinder eine sehr hohe psychische Belastung dar, da sie das Gesehene noch nicht gut verarbeiten könnten, sagte Psychotherapeutin Katajun Lindenberg von der Goethe-Universität in Frankfurt der Deutschen Presse-Agentur.
Pädagogin: Kinder können Dimension der Serie nicht erfassen
Es bestehe auch die Gefahr, dass sich im Sinne des Modellernens die Gewaltbereitschaft bei Kindern erhöhe, wenn sie Gewalt derartig vorgelebt bekämen, erläuterte die Leiterin der Abteilung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Die Gesellschaftskritik von "Squid Game" könnten Kinder noch nicht erfassen.
"Aus ästhetischer Sicht und mit viel innerem Abstand kann die Serie als innovativ und vielleicht sogar aufrüttelnd verstanden werden", sagte die Medienpädagogin Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen beim Bayerischen Rundfunk. Dafür brauche es aber ein hohes Maß an Abgrenzung und Medienwissen, welches insbesondere Kinder nicht hätten.
"Squid Game" erfolgreichste Netflix-Serie aller Zeiten
Die südkoreanische Serie "Squid Game" ist die bisher erfolgreichste Netflix-Produktion mit den höchsten Zuschauerzahlen. Dabei wird in neun Folgen die Geschichte von knapp 500 Menschen erzählt, die sich verschuldet haben. Sie treten in Kinderspielen gegeneinander an, um ein Preisgeld in Millionenhöhe zu gewinnen. Der makabere Wettbewerb lässt keine zweite Chance zu: Wer es nicht in die nächste Runde schafft, wird getötet.
Kita- und Schulleitungen haben Eltern bereits vielerorts auf die Gefahren der Serie für Kinder hingewiesen. Auch Lindenberg und Götz betonen, dass Eltern ihren Kindern nicht erlauben sollten, die Serie zu schauen. Die Freigabe ab 16 Jahren durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) gebe es aus gutem Grund.
Eltern können bei Verarbeitung helfen
Eltern sollten ihren Kindern klar machen, dass "stark sein" heißt, die Serie nicht oder nicht weiter zu schauen, sagte Medienpädagogin Götz. Ohne freiwilligen Verzicht lasse sich gerade bei schon etwas älteren Kindern oft schwer verhindern, dass sie im digitalen Raum die Serie oder Teile davon sehen. So gebe es für FSK-16-Freigaben bei Netflix keine Jugendschutzfunktion, erklärte Götz.
Zudem sei "Squid Game" bereits weit verbreitet: Die Spiele aus der Serie würden auch in Videospielen wie "Minecraft" nachgespielt und auf Tiktok oder Instagram gebe es zahlreiche sogenannte Memes, also Sketche, in denen die Serie aufgegriffen wird oder entsprechende Witze.
Und auch bei Freunden oder Geschwistern könnten Kinder die Serie schauen. Wichtig sei es, gegebenenfalls über das Gesehene zu sprechen, um bei der Verarbeitung zu helfen, sagte Götz.