Starkregen kann extreme Zerstörungen verursachen. Die Flut im Ahrtal vor einem Jahr hat das deutlich gezeigt. Viele Regionen sind auf solche Ereignisse kaum vorbereitet. Was tun?
Es klingt fast banal: Ein einziges Starkregen-Ereignis reicht aus, um in kürzester Zeit viele Sachwerte, Gebäude und umliegende Infrastruktur zu zerstören - und Menschen zu töten. So viel ist sicher.
Aber wann und wo? Das ist die große Unbekannte. "Starkregen ist überall möglich", sagt Wolfgang Günthert vom Forschungszentrum RISK an der Universität der Bundeswehr München.
Studien: Kein Bewusstsein für Extremwetter
Bereits 2016 und 2018 hat Günthert zwei Studien mit dem Titel "Starkregen - Urbane Sturzfluten" veröffentlicht. Eine zentrale Erkenntnis, so der Professor:
Hier gebe es in ganz Deutschland großen Bedarf zu analysieren und Gefahren auch transparent zu machen.
Immer häufiger kommt es zu sturzartigen Regenfällen, die Keller fluten und Flüsse über die Ufer treten lassen.
Forscher fordert Starkregen-Karten
Ein wichtiges Instrument dafür sind, so Günthert, so genannte Starkregen-Karten. "In ihnen lässt sich ablesen, wie hoch bei unterschiedlichen Niederschlagsmengen das Wasser steht und wo Gebäude und Menschen gefährdet sind."
Einziger Haken an der Sache: Bislang gibt es nur wenig Kommunen, die auf solche Starkregen-Karten zurückgreifen können. Zwar sei das Thema Starkregen in der Fachwelt schon seit Jahrzehnten bekannt - aber bis vor Kurzem kaum in die Öffentlichkeit gedrungen.
Aktiv werde man vor Ort meist erst nach einer Flutkatastrophe – aber selbst dann nicht immer. "Ich nenne das Starkregen-Demenz. Die Menschen verdrängen das Thema dann wieder schnell."
Welche Konzepte es gibt, um Städte und Regionen vor Starkregen zu schützen.
Kaum gesetzliche Regelungen bei Starkregen
Hinzu komme, dass beim Thema Hochwasser an Flüssen und Küsten sehr viel gesetzlich geregelt sei. Aber eben nicht bei Starkregen. Da gebe es zwar ein paar schöne Leitfäden, "aber die liest kaum einer und die Gemeinden fragen sich: Warum soll ich jetzt etwas machen?"
In der nun erschienenen Folgestudie "Starkregen und urbane Sturzfluten – Agenda 2030" legt Prof. Dr.-Ing. Theo G. Schmitt (TU Kaiserslautern) den Fokus auf die Notwendigkeit einer größeren rechtlichen Verbindlichkeit für die Kommunen und auf die Einbindung der Verantwortung der Grundstückseigner.
Experte fordert Informationspflicht für Kommunen
Auch hier die klare Forderung nach Starkregen-Karten - verbunden mit einer Verpflichtung für Kommunen, die Bürger über mögliche Gefahrenpunkte zu informieren.
"Wer in einem gefährdeten Bereich lebt, sollte auch wissen, was es für sein Grundstück bedeutet, wenn 30 oder 50 Zentimeter Wasser auf der Straße stehen", sagt Professor Schmitt.
Eigentümer für Grundstück verantwortlich
An welcher Stelle könnte Wasser ins Gebäude eindringen? Gibt es gefährdete Zugänge, niveaugleiche Lichtschächte? Und wie lässt sich in solch einem Fall sogar verhindern, dass die Wassermassen auf mein Grundstück geraten? Wobei ein weiteres wichtiges Thema berührt wird: die Eigenvorsorge.
Unterm Strich ist letztlich nämlich jeder für sein Grundstück selbst verantwortlich. Und auch für sein Verhalten bei einem Flutereignis.
Zudem brauche es "ein Bewusstsein dafür, dass wie Unwetterwarnungen auch ernst nehmen", sagt Theo Schmitt.
Dazu gehöre auch, dass man wisse, wie man beispielsweise auf den Befehl zur Evakuierung reagiere. "So etwas kann man als Kommune vorbereiten und mit der Bevölkerung auch üben."
Starkregen-Karten: Nicht alle auf einmal
Grundlage für eine gute Vorbereitung auf Fluten durch Starkregen seien aber Karten, anhand derer sich alle Grundstückbesitzer über ihre jeweilige Gefährdung informieren können. Auf die einzelne Kommune heruntergebrochen eine überschaubare Aufgabe - sowohl vom finanziellen als auch von personellen Aufwand.
Angesichts der Tatsache, dass es bislang aber kaum Starkregen-Karten gebe, sei dies eine langfristige Baustelle: Wenn nun alle Kommunen gleichzeitig das Projekt in Angriff nähmen, fehlten schlicht und ergreifend die Kapazitäten bei den Ingenieurbüros. Bleibt für viele einfach die Hoffnung, dass der Starkregen erst einmal woanders fällt.