Bei Serien, Kinofilmen, Musik und der Küche liegt Südkorea im Dauertrend. Das kleine ostasiatische Land ist eine Hightech-Nation und fördert die Kulturindustrie gezielt.
Beste Dramaserie, bester Hauptdarsteller und bester Nebendarsteller: Mit drei Nominierungen ist die südkoreanische Netflix-Serie "Squid Game" ins Rennen um die Golden Globes gegangen. Und hat einen Preis eingeheimst: O Yeong-su für die beste männliche Nebenrolle. Damit hat Südkorea wieder einmal seine Rolle als Superstar der popkulturellen Stunde bestätigt.
Die Golden Globes gelten als Vorboten für die Oscars im Februar. Da hat im vergangenen Jahr der südkoreanische Spielfilm "Parasite" Geschichte geschrieben: Zum ersten Mal überhaupt gewann eine nicht-englischsprachige Produktion den Oscar als bester Film. Dazu kam die Academy-Auszeichnung in den Kategorien beste Regie, bestes Originaldrehbuch und bester internationaler Film.
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Im Mittelpunkt: Die Underdogs der südkoreanischen Gesellschaft
Sowohl "Parasite" (2019) als auch "Squid Game" (2021) reihen sich in den Erfolg südkoreanischer Filmproduktionen. Beides sind Gesellschaftsdramen, die trotz ihres Humors düster bleiben. In der neunteiligen Netflix-Serie, die laut Angaben des Unternehmens vom Oktober 111 Millionen Abrufe weltweit erreichte, machen Verschuldete bei scheinbar harmlosen Kinderspielen mit: wie dem Tintenfisch-Spiel, das der Serie ihren englischen Titel gibt. Allerdings werden sie bei kleinsten Fehlern getötet.
Auch in "Parasite" stehen die Underdogs der südkoreanischen Gesellschaft im Fokus. Der Sohn einer armen Familie ergattert einen Job als Privatlehrer in einem reichen Haushalt und schleust nach und nach weitere Familienmitglieder ein.
Beide Produktionen sind damit eher eine Ausnahme: Denn das internationale Publikum goutiert viel eher romantisch-witzige Geschichten, gerade bei den Dramaserien.
Und das schon eine ganze Weile. Denn die sogenannte Korean Wave gibt es schon seit rund 20 Jahren: "Auf Koreanisch gibt es dafür den Begriff Hallyu", erklärt Nadeschda Bachem, Juniorprofessorin in der Koreanistik an der Universität Bonn. Ende der 1990er wurden südkoreanische TV-Serien zuerst in China populär, dann in Japan.
Besonders im Nahen Osten gäbe es seit Jahren ein treues Publikum für südkoreanische Produktionen, in denen die Familie im Mittelpunkt steht.
'Squid Game' beginnt als Kinderspiel, doch es geht um Tod oder Überleben. Die TV-Serie fasziniert auch Kids in deutschen Schulen und sogar Kitas. Eine Herausforderung für Eltern und Pädagogen.
Pop-Hit "Gangnam Style" eines der meistgeklickten Youtube-Videos
In der Musik ist der K-Pop inzwischen ein gängiger Begriff. Hierzulande in Erinnerung geblieben ist der Hit des Rappers Psy, "Gangnam Style" (2012). Mit inzwischen mehr als vier Milliarden Abrufen ist es eines der meistgeklickten Videos auf Youtube. Ebenfalls gut dabei ist die Frauenband "Black Pink". Mit dem Lied "Ddu du ddu du" kommt sie inzwischen auf etwa 1,7 Milliarden Abrufe.
Außerdem seien die Fans sehr gut organisiert und unterstützen ihre Stars, wann immer es ginge, so Bachem. Die wiederum liefern reichlich Futter auf den sozialen Plattformen, wie auf Tik Tok.
Dazu kommt, dass in der Hightech-Nation Konzerne wie LG und Samsung enorme Ressourcen bereitstellten, um die Produktion und Vermarktung südkoreanischer Filme und Musik voranzutreiben.
Die Netflix-Streaming-Serie 'Squid Game' sei freigegeben ab 16 Jahren, denn sie könne schwerwiegende Folgen für Kinder haben: "Sie werden Jahre um Jahre davon Albträume haben", sagt die Medienpädagogin Maya Götz.
Der südkoreanische Staat pusht die internationale Verbreitung
Und: Hinter allem steckt eine stringente kulturpolitische Agenda. Die staatliche Korea Creative Content Agency (KOCCA) pusht die Kreativwirtschaft und die internationale Verbreitung, auch mit Verbindungsbüros außerhalb Südkoreas. "Südkorea war von 1945 bis 1987 fast ununterbrochen eine Militärdiktatur. 1997 gab es dann eine große Finanzkrise und die Politik hat sich danach überlegt, das Land zu einer Wissensgesellschaft, einer knowledge-based economy, zu machen. Das Land hat fast keine natürlichen Ressourcen", erklärt Bachem die Hintergründe.
Mit dem Erfolg kommen auch mehr Touristen ins Land, hat Forscherin Bachem beobachtet, die Südkorea seit vielen Jahren regelmäßig besucht. Das lockt dann anderswo auch wieder Gäste in die koreanischen Restaurants, zu Kimchi und Bibimbap.
Die englische Sprache hat wegen der anhaltenden Korean Wave übrigens kürzlich offiziell ihren Wortschatz erweitert: Das Oxford Dictionary führt jetzt mehr als zwei Dutzend zusätzliche koreanische Begriffe.