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Widerstand gegen Pestizide : Die Apfelrebellen von Mals

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In Südtirol kämpft eine Gemeinde gegen Apfelplantagen und Pestizide. Menschen, ‎Umwelt und Artenvielfalt würden für Profite geopfert. Doch das ist nur eine Seite der ‎Medaille.‎

Chemische Schädlingsbekämpfung im Intensiv-Obstanbau von Apfel-Spalierobst in Südtirol, Italien
Die Schädlingsbekämpfung auf Obstplantagen in Südtirol sorgt in der Region für Ärger.
Quelle: imago

Ulrich Veith ist ein kämpferischer Mensch. Doch was er als Bürgermeister der kleinen Südtiroler Gemeinde Mals erlebt hat, brachte ihn an seine Grenzen. Noch immer schwelt ein Konflikt, der mit einer von ihm initiierten Volksabstimmung im Jahr 2014 begann.

Damals sprachen sich 75 Prozent der Wahlberechtigten für ein Verbot von Pestiziden auf dem Gemeindegebiet aus. Die Bürger hatten Angst um ihre Gesundheit, um die Artenvielfalt - und wollten auch verhindern, dass ihrem Idyll dasselbe Schicksal droht wie weiten Teilen Südtirols. Hier dominieren riesige Apfelplantagen mit bis zu 4.000 Bäumen pro Hektar.

Die Kehrseite des Apfelanbaus

Der Apfelanbau ist in der nördlichsten Region Italiens enorm erfolgreich. Jeder zehnte Apfel in der EU kommt aus Südtirol. Rund eine Million Tonnen Äpfel werden jede Saison geerntet. Die 7.000 Apfelbauern erwirtschaften über die zentralen Obstgenossenschaften jährlich 600 Millionen Euro Umsatz. Die ehemals armen Bauern haben es dadurch zu Wohlstand gebracht. Und davon profitiert auch die Region. Doch das hat seinen Preis.

Pestizidstreit in Südtirol

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Nach eigenen Aussagen spritzen die Bauern bis zu 20-mal pro Saison. Dabei kommen bis zu 60 Wirkstoffe zum Einsatz: Pestizide gegen Pilzkrankheiten und Schädlinge. Die Gifte garantieren hohe Erträge und Äpfel ohne Makel. Andererseits sind viele nachweislich für Menschen, die Umwelt und viele Tierarten gefährlich. Mals wollte sich mit der Volksabstimmung gegen die Apfelplantagen zur Wehr setzen.

Doch die Obstbaugenossenschaften wehren sich, fechten die Abstimmung bis heute an und verklagten Bürgermeister Veith. Er hätte eine illegale Abstimmung durchgeführt und müsse die Kosten zurückzahlen. Genauso erging es dem örtlichen Apotheker, weil er das Referendum unterstützte.

Prozess wegen "Pestizid-Tirol"

Bis heute gehen die Apfelbauern und ihre Genossenschaften vor Gericht. Wegen übler Nachrede mussten sich der Dokumentarfilmer Alexander Schiebel und Karl Bär, der Agrarreferent des Münchner Umweltinstituts, vor dem Bozener Landesgericht verantworten. Der Umweltaktivist hatte massiv den Pestizideinsatz kritisiert und von "Pestizid-Tirol" gesprochen. Wäre Bär verurteilt worden, hätte ihm Gefängnis gedroht.

Keiner der Prozesse hatte am Ende Aussicht auf Erfolg. Für den Südtiroler Rechtsanwalt Nicola Canestrini, der Karl Bär vertritt, steckt dahinter ein ganz anderes Kalkül:

Wenn hier das Recht auf freie Meinungsäußerung aberkannt werden würde, dann hätte das eine verheerende Auswirkung auf die Öffentlichkeit. Pestizidkritiker und Umweltschützer würden sich natürlich hüten, in Zukunft den massiven Pestizideinsatz zu kritisieren.

Die Fronten bleiben verhärtet

Die Gegenseite sieht das anders. Über 1.300 Apfelbauern und Arnold Schuler, in der Südtiroler Landesregierung für Landwirtschaft und Tourismus zuständig, zogen gegen Bär vor Gericht. Sie wollten mit den Klagen ein Zeichen setzen. "Ich bin überzeugt, dass Bäuerin und Bauer sein der wichtigste Beruf der Welt ist und bleiben wird, dass man auch einen Respekt uns gegenüber hat und zumindest auf Augenhöhe diskutieren kann", sagt der Politiker.

Fruchtbare Äcker sind ein sehr kostbares Gut – und lebenswichtig für unsere Ernährung. Der Einsatz von zu viel Chemie ist katastrophal. Pestizide sorgen für Artensterben.

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Veith, der ehemalige Bürgermeister von Mals, ist indes überzeugt: "Ich denke nach wie vor, dass es ein extrem wichtiges Thema ist, dass es um die Zukunft unserer Kinder geht. Und darum würde ich es auf alle Fälle nochmal machen." Die Fronten im Streit um den richtigen Weg im Apfelanbau bleiben also verhärtet.

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