In den USA forderte eine Tornado-Katastrophe über 80 Opfer. Doch wie entstehen Super-Tornados? Und könnte etwas Ähnliches auch in Deutschland passieren?
Özden Terli erklärt, wie im Südosten der USA mindestens 35 Tornados entstehen konnten.
In Kentucky sind beim Durchzug von Tornados in der Nacht zum Samstag mindestens 74 Menschen getötet worden. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst, die Opferzahl könnte weiter ansteigen. Die Tornados richteten auch in mehreren weiteren Bundesstaaten im Süden und Zentrum der USA schwere Verwüstungen an.
Die Gesamtzahl der Opfer beträgt mindestens 88. Doch wie entstehen solche "Super-Tornados"? Und könnte eine ähnliche Katastrophe auch in Deutschland passieren?
"La Niña" begünstigt schwere Tornados
Grundsätzlich ist es schwierig Tornados zu untersuchen, vor allem in Bezug auf die Klimakrise. Sie sind einfach zu klein, um sie in Klimamodellen zu analysieren, aber man kann die größeren Zusammenhänge, die Großwetterlagen und die Lage der großräumigen Zirkulation, die zu einem Tornado führen, analysieren.
Ein Ergebnis ist, dass sich der Bereich, wo sich bevorzugt Tornados in den USA entwickeln, weiter nach Osten und Süden verschiebt. Das trifft auch auf diesen extremen Tornadoausbruch zu. Derzeit herrscht allerdings auch ein natürliches Phänomen: "La Niña", was das Gegenteil des meist bekannteren Phänomens "El Niño" ist. In "La Niña"-Zeiten sind die Tornados weiter in den südöstlichen Bundesstaaten zu finden. Zusätzlich nimmt die Stärke der Tornados in den USA zu.
Hohe Temperaturen weiterer Faktor
Allerdings sind in diesem Fall noch weitere Faktoren zu berücksichtigen, um solch einen massiven Tornadoausbruch zu erklären. Der Jetstream hat sich verstärkt und der Wind deutlich zugenommen. Das liegt an den hohen Temperaturen, die für Dezember hohe Werte um 26 Grad haben.
Diese Luftmasse kam von Süden - mit der entsprechenden Feuchtigkeit vom Golf von Mexiko. Nun ist aber der Golf wärmer als normal, bis zu 4 Grad mehr als üblich, was für zusätzliche Energie sorgte. Denn feuchte und warme Luft sind der Treibstoff für Gewitter oder tropische Wirbelstürme.
Superzellen entstehen durch große Temperaturunterschiede
Das Ereignis wird noch schwerer, wenn diese Luftmasse auf deutlich kältere trifft, dann entstehen unter Umständen Superzellen: Das sind Gewitterzellen die sehr hoch reichen, sich drehen und Tornados erzeugen können. Bei der Tornado-Katastrophe in den USA hielt eine der Superzellen so lange durch, dass sie über vier Bundesstaaten hinwegzog und eine Strecke von gut 350 Kilometer zurücklegte.
Eine Superzelle, die solange existiert ist extrem selten. Dazu verstärkte sich die Geschwindigkeit im Jetstream in dem Bereich, wo sich die kalten und warmen Luftmassen getroffen haben. Hier wird deutlich: Durch die Klimakrise werden natürliche Phänomene noch zusätzlich verstärkt und steigern sich zu Katastrophen.
Alpen natürlicher Schutz für Deutschland
In Deutschland rechnet man mit 50 Tornados pro Jahr. Sie können vereinzelt auch stark werden, aber solche Dimensionen wie in den USA sind sehr selten. Hintergrund ist: Während über dem nordamerikanischen Kontinent die Luftmassen ohne Barrieren aufeinanderstoßen, sind bei uns die Alpen im Weg. Dazu kommt, dass die polare Kaltluft uns nicht direkt erreicht, da sie über der Nordsee erwärmt und quasi schon modifiziert wird.
Aber in Zukunft werden Extremwetterereignisse auch in Deutschland weiter zulegen. Mit zunehmender Erhitzung steht Gewitterzellen mehr Energie zur Verfügung. Insbesondere wird sich die Mittelmeerregion noch stärker erwärmen. Werden diese Luftmassen nach Deutschland gelenkt, wird diese Energie zum Beispiel in Gewitterzellen umgesetzt. Das könnte zu stärkeren Tornados führen, aber das hängt dann stark von der Wetterlage ab.
Die USA bereiten sich derweil auf neue Tornados vor, denn die anormal warme Luft wird erneut von einer Kaltfront weggeschoben und das führt wieder zu heftigen Gewittern. Extremwetter nicht ausgeschlossen.
Özden Terli ist Redakteur und Moderator in der Wetterredaktion des ZDF.