Die Suche nach Verletzten und Opfern nach dem Gletscherbruch in den Dolomiten gestaltet sich schwierig. Bis alle Leichen geborgen sind, könnte noch viel Zeit verstreichen.
Auch das Hochgebirge der Alpen erwärmt sich schnell und massiv. Die Folge unter anderem: Instabile Gletscher. 7 Bergtouristen in den italienischen Dolomiten wurden jetzt vom Eis begraben, 14 weitere Bergwanderer werden vermisst.
Nach dem Gletscherbruch in Italien haben zahlreiche Einsatzkräfte am Montag weiter nach Verschütteten gesucht - bis die Suche wegen der Gefahr weiterer Gletscher- oder Felsstürze abgebrochen werden musste.
Bis alle Toten am Hang des Marmolata-Massivs gefunden und geborgen werden, könnten jedoch generell noch Wochen oder Monate verstreichen. Das sagte Maurizio Dellantonio, der Präsident der italienischen Bergrettung.
Er erklärte, dass nach dem Gletscherbruch riesige Mengen an Eis und Gestein in Fels- und Gletscherspalten gerutscht seien. Die Felsspalten sollten noch im Sommer freigelegt werden, auch dank des schmelzenden Eises, sagte er voraus. "Falls aber jemand im oberen Bereich des Berges in Gletscherspalten gestürzt ist, dann wird es schwierig", sagte Dellantonio.
Bergrettung befürchtet viele weitere Opfer
Nach dem Unglück wurden Stand Montagnachmittag 14 Menschen vermisst - es wird befürchtet, dass sie unter den Fels- und Eismassen verschüttet sind. "Es ist aktuell nicht möglich, zu graben, weil die Masse an Eis sich schon so festgesetzt hat und hart geworden ist", sagte er. "Das ginge nur mit mechanischem Gerät, aber das können wir nicht hoch bringen."
Die Behörden vermuten weitere Todesopfer. Die Chancen, noch Überlebende zu finden, lägen bei "fast null", sagte Giorgio Gajer von der Bergrettung der italienischen Nachrichtenagentur AGI. Angesichts der Autos auf dem nahegelegenen Parkplatz rechnete Trients Chef-Staatsanwalt Sandro Raimondi mit einer Verdopplung oder Verdreifachung der Opferzahl, wie er dem "Corriere della Sera" sagte.
Auf dem Parkplatz am Fuße des Bergmassivs wurden 16 Autos gezählt, deren Halter noch nicht ausfindig gemacht wurden. "Wir wissen noch nicht, ob die Wagen den toten oder vermissten Personen gehören oder Leuten, die nichts mit dem Unfall zu tun haben", sagte der Regionalpräsident von Trentino-Südtirol, Maurizio Fugatti.
Zwei Deutsche unter Verletzten - Zustand ernst
Bei dem Unglück vom Vortag waren mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen und mindestens acht weitere verletzt worden, unter ihnen zwei Deutsche. Der Zustand des 67-Jährigen und der 58-Jährigen war ernst.
Beide würden nach Angaben der Klinik eng überwacht. Der Honorarkonsul in Bozen und die deutsche Botschaft in Rom sind im ständigen Austausch mit den italienischen Behörden.
Gletscherforscherin Andrea Fischer zum verheerenden Gletscherabbruch in den Dolomiten:
- Warum weitere Abbrüche folgen werden
Dem Gletscherabbruch in den Dolomiten werden weitere folgen, sagt Forscherin Andrea Fischer. Deshalb sei vor allem im vergletscherten Hochgebirge Vorsicht geboten.
Rettungsdienst: Haben zerfetzte Leichen gefunden
Gino Comelli vom Alpenrettungsdienst beschrieb im "Corriere della Sera" die Wucht der Naturkatastrophe: "Wir haben zerfetzte Leichen gefunden in einem formlosen Strom aus Eis und Geröll, der sich über tausend Meter erstreckte."
Für die Mittagszeit kündigte sich Italiens Ministerpräsident Mario Draghi an. Draghi wollte sich selbst ein Bild von der Katastrophe machen. Sein Hubschrauber konnte nach Angaben seines Büros allerdings wegen schlechten Wetters nicht am Unglücksort landen.
"Heute weint Italien um die Opfer", sagte er in Canazei am Fuße der Marmolata. Er dankte außerdem den Einsatzkräften und drückte den Familien der Toten, Vermissten und Verletzten seine Anteilnahme aus.
Bei einem Gletscherabbruch in den Dolomiten sterben mindestens sechs Menschen, die von Schnee-, Eis- und Geröllmassen getroffen wurden. Es werden weitere Opfer befürchtet.
Experte: Ungewöhnliche Hitze mögliche Ursache
Nach Einschätzung von Klimaexperten und Gletscherforschern ist das Unglück auch auf die steigenden Temperaturen zurückzuführen. Diese lassen die Gletscher immer weiter schmelzen und bröckeln; wegen des geringen Niederschlags in diesem Winter fehlte Schnee, der den Gletscher zusätzlich vor der Sonne hätte schützen können.
Auch der Extrembergsteiger Reinhold Messner hat eine Erklärung für das Unglück und war nicht überrascht. "Der Hauptgrund ist die Erderwärmung und der Klimawandel. Diese fressen die Gletscher weg", sagte der 77-Jährige der dpa. Just an den Abbruchkanten bilden sich dann sogenannte Eistürme - Séracs genannt - "die so groß sein können wie Wolkenkratzer oder Häuserzeilen", erklärte Messner.