Bürgerbefragung: Mehrheit hält Staat für überfordert

    Bürgerbefragung:Mehrheit hält Staat für überfordert

    01.09.2022 | 14:01
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    Das Vertrauen der Bürger in den deutschen Staat ist auf einem historischem Tiefpunkt angelangt - vor allem bei Energie und Klimaschutz. Das ergibt eine Befragung des Beamtenbunds.

    Archiv: Passanten in einer Einkaufsstraße
    Die Umfrage des Beamtenbundes wird jedes Jahr vom Institut Forsa erhoben.
    Quelle: dpa

    Nicht einmal jeder Dritte in Deutschland hält den Staat - einer neuen Umfrage zufolge - derzeit für fähig, seine Aufgaben zu erfüllen. Deutliche Anteile der Bevölkerung sehen den Staat überfordert in den Bereichen Energie und Klimaschutz. Das zeigt eine am Donnerstag in Berlin präsentierte Bürgerbefragung des Beamtenbunds dbb. Das Institut Forsa erhebt jährlich für den dbb Daten zum Vertrauen in Staat und öffentlichen Dienst.

    Befragungsergebnisse mit Ansage

    In der im Juli durchgeführten Erhebung gaben nur noch 29 Prozent der Befragten an, der Staat sei handlungsfähig und könne seine Aufgaben erfüllen. Zwei Drittel (66 Prozent) halten den Staat derzeit für überfordert. Der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach sagte:

    Der Trend war bereits letztes Jahr zu erkennen, jetzt ist das Kind endgültig in den Brunnen gefallen.

    Ulrich Silberbach, Vorsitzender Beamtenbund

    Lediglich im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, schnitt der Staat gut ab: Nur 9 Prozent, die den Staat für überfordert halten, halten ihn im Umgang mit dem Krieg für überfordert. Doch insgesamt präsentiere sich der Staat als schlechter Krisenmanager, so Silberbach. Der Gewerkschafter nannte etwa die Klimakrise oder Corona.
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    Aktuelle Situation spiegelt sich in Befragung wider

    In der Umfrage schlagen sich aktuelle politische Sorgen nieder. So meinen 17 Prozent derjenigen, die den Staat für überfordert halten, dies sei vor allem in Sachen sichere und bezahlbare Energieversorgung der Fall. Im vergangenen Jahr hatten dies nur 4 Prozent gesehen. Bei Klima- und Umweltschutz haben 15 Prozent diesen Eindruck (2019: 13 Prozent). Gewerkschafter Silberbach sagte dazu:

    Jetzt zahlt die Gesellschaft den Preis dafür, dass wir bei der Politik um jeden Euro und jede Stelle für den öffentlichen Dienst feilschen müssen.

    Ulrich Silberbach, Vorsitzender Beamtenbund

    Höheres Vertrauen in Sachen Bildung und Asylpolitik

    Weniger Menschen als früher sehen den Staat bei der Schul- und Bildungspolitik überfordert sowie bei Migration und innerer Sicherheit. Bei Schule und Bildung halten noch 13 Prozent den Staat für überfordert - 2019 waren es hier noch 24 Prozent. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik sehen nur noch 10 Prozent den Staat derzeit als überfordert an - 2019 waren dies noch 19 Prozent.
    Bei den Aufgaben des Staates halten mit 62 Prozent viele die Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit in der Gesellschaft für besonders wichtig. Investitionen in den Klimaschutz sehen 53 Prozent als sehr wichtig, die Verbesserung der Infra- und Verkehrsstruktur 45 Prozent, einen Ausbau und die Modernisierung des öffentlichen Dienstes 44 Prozent.

    Feuerwehrmänner genießen hohes Vertrauen

    Beim Ansehen einzelner Berufsgruppen stehen nach wie vor Feuerwehrleute mit einem hohen Ansehen bei 93 Prozent der Befragten an oberster Stelle - gefolgt von Beschäftigten in der Pflege, bei der Polizei, in der Kindererziehung sowie Ärztinnen und Ärzten. Allerdings gingen die Werte in diesen Gruppen teils deutlich nach unten: So haben Polizisten noch bei 78 Prozent ein hohes Ansehen - nach 85 Prozent im vergangenen Jahr.
    Silberbach unterstrich, dass unter den beliebtesten Berufsgruppen überwiegend Jobs aus der Daseinsvorsorge seien. "Wer einen konkreten Dienst für die Gesellschaft erbringt, erfährt von seinen Mitmenschen dafür in der Regel Wertschätzung - oft mehr als vom Arbeitgeber oder Dienstherrn", sagte der dbb-Chef.
    Quelle: dpa