Die Bauindustrie produziert in Deutschland mehr als die Hälfte des anfallenden Mülls. Gleichzeitig verbrauchen Neubauten knappe Ressourcen. Wie kann nachhaltiger gebaut werden?
Millionen Tonnen Bauabfälle auf den Deponien. Doch es gibt Alternativen.
Die Bauindustrie boomt. Aber allein die Zementproduktion ist für acht Prozent des globalen CO2- Ausstoßes verantwortlich. Der Klimawandel wird durch den Gebäudesektor maßgeblich mit vorangetrieben. Der Bau, die Instandhaltung und der Betrieb von Gebäuden verbrauchen fast ein Drittel aller Rohstoffe und sogar 40 Prozent der Energie weltweit. Gleichzeitig werden Rohstoffe wie Sand und Kies bereits knapp. Es braucht deshalb eine nachhaltige Bauwirtschaft, um endlich den "CO2-Fußabdruck" von Gebäuden und gleichzeitig den Energieverbrauch zu verringern.
Kreislaufwirtschaft als Lösung
Nicht nur der Bau, auch der Abriss von Gebäuden bringt Probleme mit sich. Im Jahr 2016 haben die mineralischen Bauabfälle einschließlich des Bodenaushubs - das sind Böden und Steine - mit 214,6 Millionen Tonnen in Deutschland den meisten Müll verursacht. (Quelle: Umweltbundesamt)
Dabei könnten wir viele Bauabfälle recyceln statt sie auf Deponien zu entsorgen. Der Einsatz von mehr recycelten Baustoffen würde künftig wertvolle Ressourcen sparen.
Baustoff-Recyclingunternehmer setzen darauf, dass ihre Produkte stärker nachgefragt werden. Aber noch gibt es viele Vorbehalte seitens der Bauherren gegenüber Recycling-Materialien im Hochbau. Dabei machen es unsere Nachbarn in der Schweiz vor: In Zürich wird Recycling-Beton seit 2002 für den Bau öffentlicher Gebäude eingesetzt.
Mehr Nachhaltigkeit gefordert
In Deutschland wurde dagegen mit der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Herbst 2020 eine Chance vertan. Davon ist zumindest der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) überzeugt: "Wenn Nachhaltigkeit nicht nur eine Worthülse sein soll, müssen Bekenntnissen zum Green Deal der EU-Kommission auch Taten folgen. Ein weit größerer Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft wäre mit dieser Novelle zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union (EU) möglich und auch nötig gewesen", sagt BDE-Präsident Peter Kurth. Und weiter:
Die öffentliche Hand als größter Auftraggeber in Deutschland soll zwar in Zukunft Recyclingmaterialien bei den Ausschreibungen vorrangig berücksichtigen. Aber: Es gibt keine einklagbare Pflicht, dass Recyclingmaterialien benutzt werden müssen, sagen Kritiker. Die Niederlande dagegen haben ein Kreislaufwirtschaftsgesetz verabschiedet, wonach das Bauwesen im Jahr 2050 komplett nachhaltig sein soll - bei unseren Nachbarn wird entsprechend schon jetzt mit neuen Baumaterialien und -methoden experimentiert.
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Neues Denken ist gefordert
Wissenschaftler wie der Architekt Dirk Hebel, der in Karlsruhe zum Thema nachhaltiges Bauen lehrt, setzen auf Recyclingmaterialien, aber auch auf komplett nachwachsende Rohstoffe, die selbst recycelbar oder kompostierbar sind. Gebäude sollen nach ihrer Nutzungszeit wieder komplett in ihre Einzelteile zerlegbar sein.
Das bedeutet, dass Verbindungen in Zukunft weniger geklebt und geschäumt, sondern gesteckt und geschraubt werden müssen, damit Gebäude sortenrein wieder auseinander genommen werden können: "Wir müssen uns besinnen darauf, Konstruktionsdetails so zu entwerfen, zu planen und zu bauen, dass es hinterher möglich ist, das Material oder den Bauteil wieder aus dem Bau herauszunehmen, ohne dass ich Anhaftungen von irgendetwas anderem habe", so Hebel. Nur so ließe sich eine echte Kreislaufwirtschaft erreichen.
- Schätze im Schutt
Die Bauindustrie boomt. Doch sie verschlingt riesige Mengen an Rohstoffen. Muss das so sein? Liegen doch in unseren Städten viele Rohstoffschätze, die nur neu entdeckt werden müssten.