Ein Schulbezirk in Tennessee lässt den mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Comic "Maus" aus Schulbibliotheken entfernen. In dem Buch geht es ums NS-Vernichtungslager Auschwitz.
Die Entscheidung eines Schulbezirks im US-Bundesstaat Tennessee, den weltberühmten Holocaust-Comic "Maus" aus Schulbibliotheken zu verbannen, hat in den USA eine Kontroverse ausgelöst.
"Maus"-Autor Art Spiegelmann: "Kurzsichtige" Entscheidung
"Maus"-Autor Art Spiegelman bezeichnete die Entscheidung des Schulbezirks McMinn als "kurzsichtig". Dass der Comic, in dem es um das Überleben seines Vaters im NS-Vernichtungslager Auschwitz geht, wegen darin enthaltener Schimpfwörter aus den Schulbibliotheken verbannt werde, stehe für ein "größeres Problem" in den USA.
Gegenüber dem Sender CNN sagte er:
Auch jüdische Verbände kritisierten die Entscheidung des Schulbezirks scharf. "Angesichts der ausgeprägten Wissenslücken vor allem junger Amerikaner über den Holocaust" sei die Entscheidung "völlig unverständlich", erklärte der Vorsitzende des American Jewish Committee, David Harris.
Schulbezirk lässt Buch aus Schulbibliotheken entfernen
Der Schulbezirk McMinn hatte die Entfernung des Comics aus den Schulbibliotheken am 10. Januar beschlossen und dabei außer auf Schimpfwörter wie "verdammt" oder "Schlampe" auch auf eine Nacktszene verwiesen.
Den Vorschlag von Schulbezirksleiter Lee Parkison, die betroffenen Stellen lediglich zu zensieren, lehnten andere Gremiumsmitglieder ab.
Kritik an "Schimpfwörtern" und "Nacktszenen"
In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung verteidigte der Schulbezirk seine Entscheidung. "Maus. Die Geschichte eines Überlebenden" sei wegen der "unnötigen Nutzung von Obszönität und Nacktheit und der Darstellung von Gewalt und Suizid" als Lehrmittel verboten worden, hieß es darin.
Derzeit werde nach anderen Werken gesucht, mit denen den Schülern die Geschichte des Holocaust auf "altersgerechtere Weise" nähergebracht werden könne.
Die Holocaust-Überlebenden Inge Auerbacher und Margot Friedländer riefen heute am Holocaust-Gedenktag in Berlin und Brüssel zur Wachsamkeit auf.
Der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Comicwird seit Jahrzehnten an vielen US-Schulen im Geschichtsunterricht eingesetzt. In dem schwarz-weiß gestalteten Comic werden Jüdinnen und Juden als Mäuse dargestellt, die Nationalsozialisten als Katzen.
USA: Heftige Auseinandersetzungen über Lehrpläne
In US-Schulverwaltungen gibt es immer wieder heftige Auseinandersetzungen darum, welche Inhalte und Bücher auf den Lehrplan gehören.
So setzten sich im vergangenen Jahr etwa Eltern im Bundesstaat Virginia dafür ein, den Sklaverei-Roman "Menschenkind" der schwarzen Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison aus dem Lehrplan zu streichen.
In Pennsylvania kämpften im vergangenen Oktober Schüler darum, ein Verbot von Büchern über den Anti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela und die pakistanische Aktivistin Malala Yousafzai rückgängig zu machen.