In Texas sorgen Strom- und Wasserausfälle bei Minusgraden für Not. Hunderttausende harren bei klirrender Kälte in ihrem Zuhause aus. Für Obdachlose ist die Situation dramatisch.
Es ist kalt in Texas. Die Temperaturen fallen auf historische Tiefstwerte, in dem Wüstenstaat gilt der Notstand. Rund 40 Prozent der Haushalte der texanischen Hauptstadt Austin sind seit Tagen ohne Strom - und das bei Temperaturen im Minusbereich. Noch bis zum Wochenende soll die Kältewelle andauern.
Schlecht isolierte Häuser
Texas ist auf solch frostige Temperaturen nicht vorbereitet. Die Straßen sind vereist und kaum befahrbar. Räumdienste oder Streusalz sind weitgehend nicht vorhanden, genauso wie Eiskratzer oder Winterreifen. Häuser sind schlecht isoliert, sodass die Innentemperaturen ohne Strom oft nicht über den Gefrierpunkt steigen. Dazu kommt, dass die Wasserrohre bei dieser Eiseskälte einfrieren oder platzen.
Schneechaos in Texas.
Anne Hebert, selber ohne Strom, sorgt sich um ihre Nachbarin Mary. Die 88-Jährige hat Parkinson und ist auf einen Rollator angewiesen. Sie hat kein Handy und keinen Internetanschluss. Als Anne bei ihr vorbeischaut, findet sie Mary in mehreren Pullovern unter Bettdecken, um warm zu bleiben.
Ohne Nachbarschaftshilfe sind viele aufgeschmissen
"Mary ist seit mehr als 20 Jahren unsere Nachbarin und hat keine Familie vor Ort. Wir kümmern uns regelmäßig um sie."
Freunde aus Marys Kirchengemeinde sind bereit, sie bei sich aufzunehmen. Mit vereinten Kräften bringen Anne und ihre Familie sie über vereiste Straßen ins Warme. Doch bereits am nächsten Tag fällt auch dort der Strom aus.
Weitere Bekannte aus der Gemeinde springen ein, obwohl sie selbst eingeschränkt sind und zunächst kein Wasser haben. Erst einmal ist Mary sicher und warm. Wie lange noch ist ungewiss. Anne merkt an, dass Mary in diesen Tagen noch eine der wenigen Glücklichen ist, die eine Bleibe gefunden haben - anders als viele Hunderttausende im Staat.
Obdachlosen fehlt staatliche Hilfe
Die Situation auf den Straßen von Texas ist dramatisch. In Austin gibt es Tausende Obdachlose. Die meisten von ihnen leben momentan in Zelten. Julia Ward und ihre Mutter kümmern sich seit dem Sommer um eine Gruppe von etwa 30 Obdachlosen. Sie und andere Helfer versorgen sie mit Essen und warmen Getränken.
Sie sieht es als moralische Verpflichtung an, zu helfen: "Die städtische Führung hat die Obdachlosengemeinde in der Pandemie und bei diesem Wetter im Stich gelassen. Es ist offensichtlich, dass es nun an uns ist, zu helfen. Ich glaube, dass alle Menschen Zuwendung, Würde und Respekt verdienen."
Julia versucht, die Hilfebedürftigen bei diesen arktischen Temperaturen in Hotels unterzubringen. Dies erweist sich jedoch als äußerst schwierig. Ohne Ausweise nehmen werden viele abgewiesen. Zudem sind auch in vielen Hotels Strom oder Wasser ausgefallen.
Krankenhäuser in Not
Auch anderorts wird die Lage immer prekärer. Am Mittwoch gab die Stadt für den gesamten Stadtbereich die Anweisung, Wasser abzukochen. Die Wasserversorgung ist durch geplatzte oder eingefrorene Leitungen dramatisch. Selbst Krankenhäuser können eine ausreichende Wasserversorgung nicht mehr sicherstellen und transportieren Patienten zu Krankenhäusern, die noch Wasser haben.
Die Gründe für die dramatische Situation in Texas und die mangelnde Stromversorgung sind vielfältig. Texas verfügt über ein eigenes Stromnetz, um unabhängig von bundesstaatlicher Regulierung zu sein.
Isoliertes Stromnetz in Texas als Nachteil
Es gibt in den USA drei Stromnetze, eines für den Westen, eines für den Osten und eines in Texas. Die Unabhängigkeit des texanischen Stromnetzes führt dazu, dass der Staat nun nicht auf Energiezufuhren anderer Staaten zurückgreifen kann.
Der frühere Gouverneur von Texas und Energieminister unter Trump, Rick Perry, impliziert in einem Blog, dass die meisten Texaner lieber noch einige weitere Tage ohne Strom ausharren, als dass sie bundesstaatliche Einmischungen in die Energiepolitik in Kauf nehmen würden. Fraglich ist, ob die Mehrheit der texanischen Bevölkerung diese Ansicht teilt.