Seit knapp einem Monat gibt es in Tübingen eine Verpackungssteuer auf Einweggeschirr. Oberbürgermeister Boris Palmer zieht eine erste, zufriedene Bilanz.
Nach knapp einem Monat Verpackungssteuer in Tübingen hat das Müllaufkommen nach Auskunft von Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) deutlich abgenommen.
Seit diesem Jahr sind in Tübingen durch die Verpackungssteuer 50 Cent fällig für jeden Einweggetränkebehälter sowie für Einweggeschirr und -speiseverpackung und 20 Cent für jedes Einwegbesteck-Set. Pro Mahlzeit werden maximal 1,50 Euro kassiert.
Verpackungssteuer könnte Tübingen sechsstelligen Betrag bescheren
Die Steuern müssen die Verkaufsstellen zahlen, die in den Einwegverpackungen Speisen und Getränke für den sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen ausgeben.
Die Stadt Tübingen könnte durch die Steuer einen hohen sechststelligen Betrag einnehmen.
Ziele: Müll reduzieren und Umwelt entlasten
"Die zunehmende Vermüllung des Stadtbilds durch weggeworfene 'to-go' und 'take-away' Verpackungen ist in den letzten Jahren zu einem unschönen und die Umwelt belastenden Problem geworden", heißt es in einer Broschüre der Stadt.
Erklärtes Ziel der Verpackungssteuer sei es, Einnahmen für den städtischen Haushalt zu erhalten, um "die Kosten der Müllentsorgung zumindest teilweise durch die Verursacher_innen begleichen zu lassen". Ein weiteres Ziel sei die deutliche Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und der zu entsorgenden Müllberge.
Um die Bürgerinnen und Bürger auf die Einführung der Verpackungssteuer aufmerksam zu machen, hat die Stadtverwaltung außerdem einen knapp zweiminütigen Film "Jedes Geschirr verdient eine zweite Chance" zum Thema produzieren lassen.
Stadt subventioniert Gastronomie
Tübingen gilt mit einer solchen Steuer als Vorreiter in Deutschland. Die Stadt unterstützt Gastronomiebetriebe, die ein Mehrwegsystem einführen wollen, mit bis zu 500 Euro für die Anschaffung des Geschirrs. Beim Kauf einer Spülmaschine für das wiederverwendbare Geschirr erhalten Lokale und Bäckereien bis zu 1.000 Euro.
Nach Auskunft einer Stadtsprecherin haben 25 Betriebe im Jahr 2020 und rund 90 Betriebe im Jahr 2021 Fördermittel beantragt. Es gebe aber auch Betriebe mit Mehrweggeschirr, die keine Förderung bei der Stadt beantragt hätten. "Die Anzahl kennen wir aber nicht", sagte die Sprecherin.
Ab dem 1. Januar 2022 gibt es für rund 30 Obst- und Gemüsesorten in Frankreich keine Plastikverpackungen mehr. Das Ziel ist, den Verpackungsmüll zu verringern.
Wie viele Kunden ihr eigenes Geschirr mitbringen, konnte die Sprecherin nicht sagen. "Vermehrt sieht man aber im Stadtbild Personen, die in der Mittagspause mit der eigenen oder einer Box eines Mehrweganbieters unterwegs sind."
McDonald's: Klage beim Verwaltungsgericht
Wegen der Corona-Krise wurde die Einführung zunächst zurückgestellt, um Betriebe nicht zusätzlich zu belasten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim läuft zudem eine Klage gegen die Steuer. Die Inhaberin einer Tübinger McDonald's-Filiale ist der Auffassung, die Verpackungssteuersatzung verstoße gegen Bundes-Abfallrecht.
Sie sagte, sie stehe zu ihrer Verantwortung, einen Beitrag zur Ressourcenschonung und weniger Verpackungsmüll zu leisten. Jedoch halte sie die Verpackungssteuer in Tübingen für unverhältnismäßig.
McDonald's teilte der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit, es brauche in dieser Sache einen bundesweit einheitlichen Rahmen. Lokale Sonderwege einzelner Städte oder Gemeinden stünden einem national erfolgreichen und implementierbaren Konzept im Weg.
Palmer hält an Steuer fest
Palmer geht nicht davon aus, dass die Steuer gekippt werde. "Eigentlich wäre es schöner, wenn wir alle an einem Strang ziehen würden", sagte er zu der Klage. Seit bekannt sei, dass Tübingen die Verpackungssteuer einführt, gebe es Anfragen von anderen Städten, die sich dafür interessierten.
Eine mündliche Verhandlung in dem Normenkontrollverfahren in Mannheim ist frühestens für das Ende des ersten Quartals 2022 geplant.