Volksfeste in Krisenzeiten:"Die Menschen wollen ihre Sorgen vergessen"
von Alexander Poel
12.08.2022 | 12:49
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Das Straubinger Gäubodenfest gilt als Generalprobe für das Oktoberfest in München. In Zeiten von Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie soll es vor allem ein Ort der Begegnung sein.
Das Gäubodenfest ist das zweitgrößte Volksfest in Bayern. Archivbild
Quelle: dpa
Markus Pannermayr wirkt nachdenklich, als er auf die wirtschaftliche Bedeutung des zweitgrößten bayerischen Volksfestes angesprochen wird. "Natürlich ist das Gäubodenfest ein Wirtschaftsfaktor", sagt der Straubinger Oberbürgermeister, "aber viel wichtiger ist in diesem Jahr schon das Verbindende, das von diesem Fest ausgeht."
Ob in diesem Jahr - wie vor Beginn der Corona-Pandemie - auch über eine Million Besucher nach Niederbayern strömen werden? Pannermayr wagt keine Vorhersage.
Ich erlebe ganz unterschiedliche Stimmungen. Die Einen sagen: Jetzt erst Recht! Und die anderen: Wer weiß, was uns im Winter noch erwartet. Wir behalten besser unsere Ausgaben im Blick.
Markus Pannermayr, Oberbürgermeister Straubing
Knapp 1.000 Arbeitsplätze für elf Tage Volksfest
Bayerns zweitgrößtes Volksfest öffnet am Freitag seine Zelte. Auf 100.000 Quadratmetern buhlen 130 Schausteller um die Gunst und das Geld der Gäste aus ganz Deutschland.
Knapp 1.000 Arbeitsplätze vergibt das Gäubodenfest über seine Dauer von elf Tagen. Und der Umsatz lag vor der Corona-Pandemie bei rund 50 Millionen Euro. Eine beträchtliche Ansage für die Region rund um Straubing.
Krieg und Pandemie erschweren Vorbereitungen
Doch in diesem Jahr könnte alles anders kommen. So waren die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs schon bei den Vorbereitungen deutlich zu spüren. WC-Container, Zelthallen, Zäune: Alles ist um ein Vielfaches teurer geworden. Mehrkosten, die die Veranstalter kaum auf die Besucher umlegen können, wollen sie von Freitag an keine halbleeren Festzelte vorfinden.
Und das Thema Energie spielt natürlich eine Rolle. 600.000 Kilowattstunden Strom, (170 Haushalte/Jahr), 15.000 Kubikmeter Gas und 14.000 Kubikmeter Frischwasser verbrauchte das Gäubodenfest 2019. "Schon vor dem Ukraine-Krieg wurden die Schausteller auch nach ökologischen Kriterien ausgesucht", erklärt Bürgermeister Pannermayr.
In diesem Jahr müsse man aber auch aufpassen, dass man die Leute nicht mit Auflagen überfordere. "Fast alle Schausteller haben zwei unglaublich schwierige Corona-Jahre hinter sich", so Pannermayr. Da sei Fingerspitzengefühl gefragt.
Volksfeste und Corona?
Überhaupt: Corona! Wie geht man damit um? Das bayerische Gesundheitsministerium teilt auf ZDF-Anfrage mit, dass es Volksfeste für vertretbar hält. "Ein großer Teil der Menschen in Bayern ist drei- oder viermal geimpft und damit so gut wie möglich vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt", stellt eine Ministeriumssprecherin fest.
Klar sei aber auch: Die Corona-Pandemie sei noch nicht vorbei.
Wir müssen wachsam bleiben.
Bayerisches Gesundheitsministerium
Beim Hotel- und Gaststättenverband in Niederbayern spürt man in der Bevölkerung weniger einen Drang zur Wachsamkeit. "Die Menschen waren zwei Jahre lang eingesperrt", erinnert Rosemarie Wenzel, im Verband zuständig für die Region. "Die wollen was erleben!"
Bürgermeister appelliert an Vernunft
Markus Pannermayr setzt auf den gesunden Menschenverstand. Die Stadt Straubing hat 10.000 kostenlose Tests ausgegeben, die etwa an Impfstationen ausliegen.
Jedem muss klar sein, dass mit dem Besuch einer solchen Veranstaltung natürlich ein Risiko verbunden ist.
Markus Pannermayr, Oberbürgermeister Straubing
Außerdem appelliert er an die Vernunft jedes und jeder Einzelnen: "Wer Symptome hat, soll bitte zuhause bleiben!" Vor allem hofft der Bürgermeister, dass das Gäubodenfest nach zwei Jahren wieder ein Fest der Begegnung sein wird. "So schwierig die Situation im Moment ist: In dieser Zeit der Zerrissenheit ist es wichtig den Kontakt zu suchen und sich auszutauschen." Elf Tage lang hat das Gäubodenfest ab Freitag geöffnet.
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