Mit Whale Watching den Tierschutz stärken | Terra-X-Kolumne

    Terra X - die Wissens-Kolumne:Wie Whale Watching dem Tierschutz helfen kann

    von Eric Mayer
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    Menschen dringen oft respekt- und rücksichtslos in die Lebensräume der Tiere. Doch das Zusammentreffen mit der Tierwelt kann sich auch positiv auf den Artenschutz auswirken.

    Terra X - Die Wissens-Kolumne: Eric Mayer
    Quelle: ZDF/Jason Sellers

    In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
    Das Wetter ist schlecht, als ich den Zoologen und Meeresbiologen Volker Boehlke zu einer seiner Wal- und Delfin-Forschungsfahrten vor La Gomera begleite. Er ist Experte für die Natur der Kanaren und will durch seine Forschung Meerestourismus und Tierschutz zusammenbringen.

    Einzigartige Vielfalt von Walen und Delfinen vor La Gomera

    La Gomera, die zweitkleinste der Kanarischen Inseln, ist ein Hotspot für Whale Watching in Europa. Das Meer vor der Insel beherbergt eine einzigartige Vielfalt an Meeressäugern: 23 unterschiedliche Delfin- und Walarten wurden hier bereits gesichtet. Die natürlichen Lebensbedingungen sind für die Tiere ideal: optimale Wassertemperaturen und ein reichhaltiges und vielfältiges Nahrungsangebot.
    Wale als CO2-Speicher CC
    Wale kommen fast in allen Meeren vor und haben eine entscheidende Rolle für dieses Ökosystem und auch für den Klimaschutz.12.12.2022 | 1:43 min
    Aufgrund des vulkanischen Ursprungs ist der Flachwasserbereich um die Kanarischen Inseln sehr schmal. Der Atlantische Ozean fällt hier schnell ab - bis zu 3.000 Meter - und bietet daher sehr gute Bedingungen für Wale und Delfine. Mit etwas Glück lassen sich hier sogar Pottwale beobachten.

    Whale Watching kann auch Stress für Tiere bedeuten

    Doch kommerzielles Whale Watching ist nicht unumstritten und kann für die Tiere zu erheblichen Problemen führen. Zu nahes Heranfahren, das Einkreisen von Schulen, laute Motorengeräusche oder Verfolgungsjagden - das führt zu Stress bei Walen und Delfinen, da sie bei der Nahrungssuche und der Fortpflanzung immer wieder gestört werden.
    Eine Gruppe von Schwertwalen unter Wasser
    Schwertwale sind sehr kommunikativ - die Bedeutung ihrer Laute ist jedoch kaum bekannt. Zur Entschlüsselung nutzen Forscher ein Programm mit künstlicher Intelligenz, das Laute mit Verhaltensmustern verbindet.29.10.2020 | 5:53 min

    Mit Tierbeobachtungen zu Tierbotschafter werden

    Während wir hoffnungsvoll nach den Tieren Ausschau halten, erklärt mir Volker Boehlke, was für die Tierbeobachtungen spricht. Ganz im Sinne von Konrad Lorenz' Ausspruch, "Man schützt nur, was man liebt - man liebt nur, was man kennt", würden Menschen durch das Beobachten der Tiere für die Lebensweise und den Schutz auch sensibilisiert - und im besten Fall zu deren Botschaftern.
    Grundvoraussetzung dafür ist es allerdings, die Begegnungen für die Wale und Delfine stressfrei zu gestalten. Und dafür braucht es Regeln, die Boehlke wissenschaftlich untermauert.
    Auf seinen Sichtungsfahrten, die oft auch reguläre Whale-Watching-Touren sind, die er begleitet, wird das Verhalten der Tiere anhand verschiedener Parameter akribisch erfasst: Wie reagieren sie auf das Boot? Verändert sich ihr Verhalten durch dessen Anwesenheit? Gibt es Interaktionen? Auch Sichtungszeitpunkt, die genaue Position, um welche Art es sich handelt, wie groß die Gruppe ist und ob Jungtiere dabei sind, wird erfasst. All das wird später an Land in einer großen Sichtungsdatenbank gesammelt und ausgewertet.
    Mittig im Bild ein Tauscher mit Schwimmflosse und einer Kamera in der Hand. Er fotografiert einen Buckelwal im tiefblauen Wasser.
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    Mit Hilfe von Fotos Tiere später wiedererkennen

    Allerdings nutzt der beste Forschungsrahmen nichts, wenn keine Tiere auftauchen. Doch dann sehen wir die Tiere: etwa sechs Grindwale mit einem Jungtier. Immer wieder springen sie aus dem Wasser und begutachten uns neugierig. Mein Herz schlägt jedes Mal höher, wenn ich eine Finne oder sogar das ganze Tier sehe, wie es aus dem Wasser springt.
    Volker Boehlke füllt eifrig seinen Sichtungsbogen aus und drückt mir die Fotokamera in die Hand. Denn ein Tool seiner Forschung ist die Methode der Foto-Identifikation. Mit Hilfe von Fotos der Rückenfinne, der Fluke oder anderer charakteristischer Körperpartien können Einzeltiere wiedererkannt werden. So lassen sich auch Aussagen über die Populationsgröße oder das Sozialsystem der verschiedenen Meeressäuger machen. Mein Job also: Draufhalten und Fotos machen ohne Ende.

    Konkrete Verhaltensregeln für Fahrten als Ziel

    Die Ergebnisse dieser Forschungen sind wichtig, um Erkenntnisse zu erlangen, ob und wie Tourismus und Schiffsverkehr das Leben von Delfinen beeinträchtigen und stören können. Und was besser gemacht werden kann. Abstand, Verweildauer, Frequenz der Fahrten - Ziel sind konkrete Verhaltensregeln für beispielsweise Whale-Watching-Veranstalter, um die Auswirkungen auf die Meeressäuger zu minimieren. Diese Regeln sind dann auch in ein umfassendes Gesamtkonzept eingebettet, der Öffentlichkeit die Belange der Meeressäuger näher zu bringen.
    Bei mir ist das gelungen. Die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen, war ein großartiger Moment und wird mir sicher für immer in Erinnerung bleiben.
    PUR+ - Delfine
    Die ganze Sendung zur Kolumne mit Eric Mayer: Unterwasser-Lärm, Tourismus und Artensterben - wie geht es den Delfinen? Und was müssen wir tun, um ihr Aussterben zu verhindern?15.09.2023 | 23:48 min

    ... ist Moderator und Reporter für das Wissenschaftsmagazin NANO bei 3sat, Terra X und vielen Kindern und Jugendlichen schon lange aus den Sendungen PUR+ und logo! bekannt. Er sagt: "Unterhaltsame Wissensvermittlung ist wichtig und schafft die Basis für eine fundierte Meinungsbildung bei unseren Zuschauer*innen." Der Natur- und Tierfan liebt es, über Wiesen und Felder zu joggen und engagiert sich in seiner Freizeit seit Langem bei Projekten zum Empowerment queerer Jugendlicher.

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