Wanzen aus Afrika und Asien hinterlassen Schäden auf Europas Feldern. Ein Projekt forscht zu natürlicher Schädlingsbekämpfung - zum Beispiel durch eine eingewanderte Wespenart.
Wer den Kampf mit Halyomorpha halys und Nezara viridula aufnimmt, sollte lieber Handschuhe tragen, rät Christine Dieckhoff. "Die heißen nicht umsonst Stinkwanzen." Und auch von dem vermeintlichen Tipp aus Internetforen, die Tiere wegzusaugen, hält die Leiterin des Sachgebiets Biologischer Pflanzenschutz am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg in Karlsruhe wenig. "Den Gestank werden Sie nicht mehr los."
Halyomorpha halys, die Marmorierte Baumwanze, und Nezara viridula, die Grüne Reiswanze, sind aus Asien beziehungsweise Afrika eingewandert. 1979 sei die Reiswanze das erste Mal in Deutschland registriert worden, berichtet Dieckhoff. Weil es kalt genug war, konnten die Tiere nicht überwintern. "Das ist inzwischen anders."
Ernteverluste von einer halben Milliarde Euro
Wo der Mensch geschützte Möglichkeiten zum Überwintern wie Hausdächer und Scheunen errichtet hat, fühle sie sich wohl. Und auf Balkonen gedeihen im Frühjahr erste Pflanzen zum Fressen. Allein in Südtirol hat die Wanze laut LTZ 2019 Ernteverluste von mehr als einer halben Milliarde Euro verursacht.
Ein ähnliches Forschungsprojekt: Auch der Eichenprouessionsspinner soll mit natürlichen Feinden bekämpft werden - hier helfen Fadenwürmer.
Natürliche Feinde haben sie hierzulande nicht. Und da es keine wirkungsvollen chemischen Pflanzenschutzmittel gebe, blieben Kleingärtnern im Grunde nur das Absammeln von Wanzen und Eiern und ein dichtes Netz. Oder man setzt auf biologischen Schutz, natürliche Feinde. Und die können - wie die Wanzen selbst - aus dem Ausland kommen.
Ostasiatische Wespe soll helfen
Im vergangenen Jahr haben Forscher des LTZ Augustenberg erstmals die Samuraiwespe Trissolcus japonicus in Deutschland nachgewiesen, im Raum Heidelberg. Das aus Ostasien stammende, zwei Millimeter kleine Tier ist darauf spezialisiert, seine Eier in den Gelegen der Wanzen zu platzieren. Die Brut der Schlupfwespenart frisst den Wanzennachwuchs dann auf. Die beiden Arten sind laut Dieckhoff seit Tausenden Jahren so sehr aufeinander abgestimmt, dass keine Gefahr für heimische Wanzen oder gar andere Tiere wie Marienkäfer bestehe.
Auch manche Würmer und Ameisen eigneten sich als Räuber für die Wanzeneier, listet die Expertin auf. Einige Raupenfliegen wiederum legten ihre Eier auf die ausgewachsenen Wanzen. Von dort bohrt sich die Larve in die Wanze und höhlt sie von innen aus. "Das klingt ein bisschen nach Alien", räumt Dieckhoff ein. "Ist aber Biologie."
650.000 Euro Förderung vom Bund
Inwiefern diese natürlichen Helfer Baustein im Kampf gegen sogenannte Schadwanzen sein können, erforschen Dieckhoff und Kollegen nun im Rahmen eines Projekts. Das Bundeslandwirtschaftsministerium fördert das Vorhaben mit mehr als 650.000 Euro.
Ziel sei nicht die Ausrottung der Wanzen, erklärt Dieckhoff. Das funktioniere allein deshalb nicht, weil die Schlupfwespen auf die Wanzen als Wirte angewiesen sind. Aber die Wespen könnten die Wanzen auf ein Ausmaß zurückdrängen, das kein Problem sei. "Jedes System, auch ein Garten, kann Wanzen vertragen", sagt Dieckhoff. "Im Moment ist das nur komplett aus dem Gleichgewicht geraten durch invasive Arten."
- Bioschutz statt Ackergift
Sie können zur Rettung der Bienen beitragen: Fadenwürmer greifen ohne Nebenwirkungen nur die Schädlinge an, für die sie bestimmt sind. Der Verzicht auf giftige Insektizide wäre möglich.