Bethlehem ist normalerweise der Pilgerort im Dezember. Doch Israel hat die Grenze wieder dicht gemacht. Deshalb sind die alten Gassen um die Geburtskirche Christi menschenleer.
Vor Corona war Ebifistos so etwas wie wohlhabend, seit Generation verkauft seine Familie Schnitzereien und Marienstatuen, in einem kleinen Laden am Rande des Krippenplatzes. Krisensicher, das dachte er immer, sei sein Geschäft, in Wirtschaftkrisen seien die Leute sogar noch kauflustiger, erinnert er sich, sie wollen sich am Glauben festhalten, erklärt er und spielt dabei mit seiner Gebetskette:
Die Touristen blieben einfach aus, dieses Jahr wieder - nachdem die Hoffnung so groß war, dass es ein fast normales Weihnachten werden könnte.
Doch normal ist fast nichts in diesen Tagen: Vor der Geburtskirche in Bethlehem, dem Pilgerort schlichthin, keine Schlange. Die wenigen Besucher, die sich durch die tiefe Eintrittstür drücken sind Muslime aus der Region, so wie Farah Umran aus Nablus. Sie genieße zwar den Platz und die Ruhe aber:
Gottesdienst ohne Gläubige
Ähnlich muss es den griechisch-orthodoxen Mönchen gehen, deren Gottesdienst völlig ohne Gläubige auskommen muss. Nur vier Kinder beobachten mit großen Augen wie die bärtigen Männer den Altar beweihräuchern. Und unten an der Geburtsgrotte, dort wo sich 2019 Touristen und Pilger dicht an dicht drängten, um den Ort zu berühren, wo Jesus geboren sein soll: Stille, kein Andrang, keine Besucher.
Dass Margo Zeidan ihren Laden mit Handwerkskunst in diesen Tagen öffnet, hat mehr mit Routine zu tun, als mit Umsatz. Früher verdiente die 68-jährige mit ihren handbestickten Täschchen, Westen und Bändern 800 Euro im Monat, nun sind es kaum noch 140. Monatelang hatte sie ihren Laden sogar ganz geschlossen. Und ihr gehe es noch gut, erzählt sie, während sie mit Tränen ringt:
Auch die Statistik bestägtigt das: Die Arbeitslosigkeit in Bethlehem ist mit 25 Prozent mittlerweile die höchste im Westjordanland.
Ein bisschen Weihnachtsroutine
Doch trotzallem, immerhin ein bisschen Weihnachtsroutine ist geblieben: Der traditionelle Umzug des Patriachen in die Geburtskirche begleitet von Kadern an palästinenischen Dudelsackspielern findet wie gewohnt statt.
Für die Hoteliers und Gastronomen, die auf das große Weihnachtsgeschäft mit den ausländischen Touristen gehofft hatten, dürfte das ein kleiner Trost sein. Zumindest auf sie ist Verlass: Am Heiligabend in Bethlehem rollen wie gewohnt die inländischen Touristen in ihren Autos an und verstopfen die engen Strassen - zumindest ein paar Stunden Volksfest mit hohem Geräuschpegel. Dann am späten Abend im Schimmer der roten Rücklichter, all derer, die Bethlehem wieder verlassen, kehrt Ruhe ein: Und plötzlich ganz stille Nacht in dieser heiligen Nacht.
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