Der Weltklimarat IPCC berät abschließend über neue Empfehlungen für den Kampf gegen den Klimawandel. Die nächsten Jahre seien entscheidend, sagte IPCC-Chef Hoesung Lee zum Auftakt.
"Wir wissen, dass wir vor einer Katastrophe stehen," warnt die stellvertretende UN-Generalsekretärin Ligia Noronha zu Beginn der Beratungen der 195 Mitgliedsstaaten des Weltklimarats IPCC am Montag in Genf. "Wir sind nicht auf Kurs, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen."
Und der Vorsitzende des Weltklimarats, Hoesung Lee, mahnt bei der Eröffnung der virtuellen Plenumssitzung:
Bei den Beratungen geht es um den dritten und letzten Teil des Sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats. 278 Autorinnen und Autoren aus mehr als 60 Ländern hatten die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Minderung des Klimawandels für den Report zusammengetragen. Nun beraten die Vertreter der IPCC-Mitgliedsländer zwei Wochen lang abschließend über die 3.000 Seiten starke Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger.
- Daten zum Klimawandel im Überblick
Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.
Klimaschädliche Emissionen nehmen weiter zu
Trotz der wiederkehrenden Warnungen der Wissenschaft nehmen die weltweiten Treibhausgas-Emissionen demnach praktisch ständig zu. Nur während größerer Wirtschaftskrisen wie etwa während der Corona-Pandemie verlangsamte sich diese Entwicklung.
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Das Tempo, in dem die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit dem Jahr 1900 zunimmt, ist dabei laut IPCC mindestens zehn Mal so hoch "wie in jedem anderen Zeitraum der vergangenen 800.000 Jahre". 2019 war die CO2-Konzentration in der Atmosphäre so hoch wie seit mehr als zwei Millionen Jahren nicht mehr.
Der dritte Teilbericht befasst sich schwerpunktmäßig mit den Möglichkeiten, von fossilen Energieträgern loszukommen, das Klimagas Kohlendioxid aus der Atmosphäre abzuscheiden oder Finanzströme klimafreundlich umzuschichten.
Edenhofer: Maßnahmen für Treibhausgasneutralität "unverzichtbar"
Die Beratungen des IPCC stehen auch unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges, der die starke Abhängigkeit von fossilen Energieträgern deutlich macht. Angesichts des Anstiegs von Energiepreisen und Inflation müssten die Regierungen sich "neu aufstellen, damit wir die Zustimmung zu einer ehrgeizigen Klimapolitik nicht verlieren", hatte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, vorab mit Blick auf den neuen IPCC-Bericht gesagt.
In jedem Fall seien aber Maßnahmen zum Erreichen von Treibhausgasneutralität "unverzichtbar", betonte Edenhofer. Der IPCC-Bericht zeichne dafür Wege vor, sagte Taryn Fransen vom Washingtoner World Resources Institute. Nun sei es an den Regierungen, "sich das zu Herzen zu nehmen".
Rekordhitze, Überflutungen, Dürre: normale Wetterphänomene oder bereits die Folgen des Klimawandels? Die Dokumentation mit Harald Lesch fasst den Stand der weltweiten Klimaforschung zusammen.
UN-Klimasekretärin fordert "Jahrzehnt des Handels"
Aufgrund der Lage sprach auch UN-Klimasekretärin Patricia Espinosa am Montag eine eindringliche Warnung aus: "Zu sagen, dass die Menschheit an einem Scheideweg steht, ist eine Untertreibung." Die 2020er Jahre müssten "ein Jahrzehnt des Handelns" sein.