Beim Missbrauchskomplex in Wermelskirchen sehen Ermittler eine neue Dimension erreicht. Die riesige Datenmenge auszuwerten dauere an, die Zahl der Opfer könnte steigen.
Der neue Missbrauchskomplex von Wermelskirchen hat nach Angaben der Ermittler eine Dimension an Brutalität, die die Fälle von Lügde und Bergisch Gladbach noch übersteigt. Hauptbeschuldigter ist ein 44-Jähriger aus Wermelskirchen im Bergischen Land. Er habe im Internet seine Dienste als Babysitter angeboten und sich so seinen Opfern nähern können, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag in Köln mit. Mit Dutzenden weiterer Männern habe er Bilder und Videos "unvorstellbarer Brutalität" getauscht.
Es seien gewaltige Datenmengen mit 3,5 Millionen Bildern und 1,5 Millionen Videos sichergestellt worden. Bislang seien 74 Verdächtige und 33 Opfer identifiziert worden. Das jüngste Kind sei einen Monat alt gewesen. Unter den Opfern seien fünf Säuglinge und Kinder mit Behinderung.
Wermelskirchen: Zahl der Opfer könnte noch steigen
Im Dezember wurde der Hauptverdächtige festgenommen. Die Ermittler beschlagnahmten zahlreiche Datenträger. Insgesamt wurden 32 Terabyte an Daten beschlagnahmt. Ein Terabyte ergebe ausgedruckt auf Papier einen Stapel von rund 25 Kilometern Höhe, erklärten die Ermittler zu den Dimensionen des Falls. Vieles davon habe bislang noch nicht ausgewertet werden können - die Zahl der Opfer könne sich daher noch erhöhen.
"Es bedarf noch einer sehr langen Zeit, bis wir den Komplex abgearbeitet haben werden", sagte Staatsanwalt Ulrich Bremer. Es werde geprüft, ob noch weitere Kinder Opfer des Manns geworden sein könnten. Bei ihm seien Listen mit Hinweisen auf weitere Verdächtige gefunden worden. Dadurch wurden die Ermittlungen ausgeweitet. Die Verdächtigen seien nicht untereinander vernetzt gewesen. Der 44-Jährige habe individuelle Kontakte zu anderen Verdächtigen gepflegt.
Schon Lügde, Münster und Bergisch Gladbach lösten Entsetzen aus
In Nordrhein-Westfalen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder große Missbrauchsprozesse geführt. Zuletzt wurden die Hauptbeschuldigten im Komplex Münster zu langen Haftstrafen verurteilt.
Zuvor lösten bereits der jahrelang unentdeckt gebliebene Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lügde und der Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach bundesweit Entsetzen aus.
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Die Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder steigen. Das liege auch an vermehrten Hinweisen, erklärt das BKA. Dennoch bleibe das Dunkelfeld um ein Vielfaches größer.