Die freie Online-Enzyklopädie ist zwar offen für jeden, aber bis heute sehr männerdominiert. Mit Workshops und Mentorinnen-Programmen versuchen Wikipedianerinnen gegenzusteuern.
Heute feiert die Online-Enzyklopädie Wikipedia ihren 20. Geburtstag. Anlass zur Freude gibt es genug: Die Online-Enzyklopädie gilt heutzutage als einer der Stützpfeiler des Internets.
Wikipedia-Autoren: Nur 15 Prozent Frauen
Doch die Bilanz der Wissens-Plattform ist nicht ausschließlich positiv. Ein Mangel, mit dem die Wikipedia bis heute zu kämpfen hat: Nach Zählung der Wikimedia Foundation, die die Wikipedia betreibt, tragen jeden Monat 350.000 Freiwillige ihre Arbeit bei. Nach Umfragen sind aber nur circa 15 Prozent davon Frauen.
Üblicherweise arbeiten Wikipedianer*innen unter Pseudonymen, die nicht immer das Geschlecht offenbaren. Wer länger auf der Plattform aktiv ist, hat jedoch kaum einen Zweifel: Männer haben in der Wikipedia die Oberhand.
Autorenschaft sollte Vielfalt der Welt widerspiegeln
"Wir wollen das ändern, weil wir glauben, dass es unmöglich ist, die Vision der Wikipedia zu erfüllen, das Wissen der Menschheit zu sammeln, wenn wir keine Autorenschaft haben, die die Vielfalt der Welt widerspiegelt", sagt Katherine Maher, Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation.
- Frauenquote für Unternehmensvorstände
Nach dem Willen der Bundesregierung soll in großen Unternehmensvorständen künftig mindestens eine Frau sein. Reicht das oder ist die Regelung zu lasch?
"WomenEdit": Frauen schreiben gemeinsam
In Berlin treffen sich bereits seit acht Jahren Wikipedianerinnen zum sogenannten "WomenEdit", bei dem sie gemeinsam Artikel schreiben und Erfahrungen besprechen. "Als ich zum ersten Mal an einem solchen Treffen teilnahm, habe ich festgestellt: Ich bin tatsächlich nicht die einzige Frau in Wikipedia", erzählt die Wikipedianerin mit dem Pseudonym Iva Berlin.
Iva Berlin hatte bereits längere Zeit in der Wikipedia mitgearbeitet. Dass jedoch andere Frauen ebenfalls dieses Hobby hatten, war ihr bei der Arbeit alleine am PC nicht aufgefallen.
"Frauen bevorzugen es, gemeinschaftlich zu editieren", sagt sie im Gespräch mit ZDFheute. Seit Jahren engagiert sie sich dafür, den Frauenanteil in der Wikipedia zu erhöhen und veranstaltet immer wieder Workshops für Anfängerinnen.
Warum ist der Frauenanteil bei Wikipedia so niedrig?
"Männer nehmen sich mehr Zeit für Hobbies wie das Schreiben von Wikipedia-Artikeln", sagt Iva Berlin. Frauen müssten hingegen oft mehr Zeit in Hausarbeit und ihre Erwerbsarbeit investieren.
Die Arbeit in Wikipedia ist sehr zeitaufwändig. Auch wenn jeder direkt anfangen kann, an Artikeln mitzuschreiben - bis der erste eigene Artikel online steht, vergehen meist viele Stunden.
Viele Neulinge erleben, dass ihre mit viel Engagement geschriebenen Artikel anstandslos gelöscht werden, weil sie etwa die Relevanzkriterien nicht erfüllen, die die Community gesetzt hat.
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Wikipedia will attraktiver für neue Autoren werden
Um attraktiver für neue Autorinnen zu sein, hat sich die Wikipedia bereits angepasst. Früher mussten die Artikel in einer komplexen "Wiki-Syntax" verfasst werden. Vor einigen Jahren wurde eine neue Oberfläche eingeführt, die das Verfassen von Enzyklopädie-Artikeln so einfach macht wie die Arbeit mit einem gewöhnlichen Textverarbeitungsprogramm.
Auch die Kommunikationswege in der Wikipedia wurden erweitert. Zum Beispiel können sich Nutzer gegenseitig per Klick einen Dank übermitteln.
Kritik an "Söhne der Stadt"
Die Initiativen zeigen erste Erfolge:
Iva Berlin wirbt dafür, mehr über die Sprache in der Wikipedia nachzudenken. Zum Beispiel gebe es in vielen Städte-Artikeln einen Absatz "Söhne der Stadt", als ob Frauen in der Geschichte keine Rolle spielten. "Sprache ist wichtig: Frauen wollen explizit angesprochen werden statt nur mitgemeint sein", sagt die Wikipedia-Aktivistin.