Illegale Tötung von Wildtieren wird selten aufgeklärt
Verbrechen gegen den Naturschutz:Illegale Tiertötung wird selten aufgeklärt
von Andrea Zimmermann
23.10.2022 | 13:09
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Illegale Wildtiertötungen sind Verbrechen gegen den Naturschutz und eine Gefahr für Haustiere und Menschen. Doch rund 99 Prozent der Fälle werden nicht aufgeklärt.
Vergiftet oder in Fallen verendet: Immer häufiger werden Wildtiere illegal getötet. Profiler, Forensiker und Umweltschützer sind den Tätern auf der Spur.23.10.2022 | 28:41 min
Vergiftete Greifvögel, in Schlagfallen gefangene Reiher, erschossene Wildkatzen: Für Helmut Brücher ist das Alltag. Er ist Beauftragter des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) in Deutschland. Der Biologe wird von der Polizei in Fällen illegaler Wildtiertötungen als Gutachter bei Hausdurchsuchungen herangezogen.
Dank seiner Expertise konnten schon Täter überführt werden, die Luchse in Gefriertruhen lagerten, Mäusebussarde vergifteten oder Wanderfalken ausstopfen ließen. Das Vorgehen der Täter ist perfide, die Motive sind vielfältig: Schutz der eigenen Nutztiere, die Jagd nach Trophäen und der Hass auf Tiere gehören dazu. Wird der Täter gefasst, drohen ihm nach Paragraf 71 und 71a Bundesnaturschutzgesetz eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro – und bis zu 5 Jahre Haft.
Naturschützer unterstützen die Polizei bei der Jagd nach den Tätern
Tödliche Fallen, Beschuss, Vergiftungen, oder die Zerstörung von Gelegen und ganzen Horstbäumen sind nur einige der bekannten Fälle von illegaler Tötung von Wildtieren. Die Polizei ist bei ihren Ermittlungen auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen.
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Die Biologin Franziska Baur von der Gregor Louisoder Umweltstiftung betreut die Melde- und Informationsplattform Tatort Natur. Die Biologin erklärt:
Bei unserem Citizen Science Projekt können Bürger und Bürgerinnen Fotos und Informationen über tot aufgefundene Wildtiere hochladen. Wenn der Verdacht einer Straftat besteht, ermittelt die Polizei.
Franziska Baur, Gregor Louisoder Umweltstiftung
Die Hinweise aus der Bevölkerung werden dringend gebraucht: Franziska Baur schätzt, dass nur ein Prozent der Fälle von Naturschutzkriminalität aufgeklärt wird. Für die Täter bleiben die Verbrechen also fast immer folgenlos.
Fund mehrerer toter Tiere auf engem Raum
Nahrungsreste im Schnabel/Maul tot aufgefundener Tiere
Chemischer Geruch des Kropfinhaltes
Blau- oder blauviolette Verfärbung der Schleimhaut oder der mutmaßlichen Köder
Eine mögliche Tätergruppe sind Trophäenjäger und Tierpräparatoren. Bei seinen Undercover-Aktionen sieht sich der CITES-Beauftragte Helmut Brücher auch in Ausstellungen um. Dabei wird er oft fündig:
Besonders schockierend ist für mich, dass selbst staatliche Museen auf illegale Tierpräparate zurückgreifen.
Helmut Brücher, CITES-Beauftragter in Deutschland
"Ein Tierpräparator aus dem Allgäu hatte streng geschützte Tiere ausgestopft und einem staatlichen Museum für eine Steinzeitausstellung verkauft. Dabei ist die kommerzielle Zurschaustellung geschützter Arten verboten – selbst in Museen", berichtet Brücher. Auch private Käufer von Tierpräparaten können sich strafbar machen, denn der Kauf solch illegaler Präparate ist verboten. Streng geschützte Tiere dürfen nur zu Forschungszwecken präpariert werden.
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Illegale Fallen und Gesetzeslücken
Auch Schlag- und Tellerfallen sowie der Einsatz von Habichtfangkörben mit Lebendködern sind laut Gesetz in der EU untersagt. Doch wie kommen die Täter an die Fallen? Möglich macht das eine Gesetzeslücke. Derartige Fallen dürfen legal zum Kauf angeboten werden, wenn sie zu "Dekorationszwecken" eingesetzt werden. Im Internet sind sie problemlos zu bestellen.
Die Dokumentation "Tod in der Wildnis - Auf der Jagd nach Giftmördern und Fallenstellern" von planet e finden Sie in der ZDFmediathekoder Sonntag um 14:50 Uhr im ZDF-Hauptprogramm.
In einigen Bundesländern – Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Saarland und in Sachsen – kann die Jagdbehörde in Ausnahmefällen sogar eine Genehmigung für den Einsatz von Schlagfallen erteilen. Etwa zur Jagd auf invasive Arten wie Waschbär oder Nerz.
Laut der Tierschutzorganisation Peta birgt das nicht nur eine Gefahr für Wildtiere, sondern auch für Haustierhalter:
Die in den Fallen eingesetzten Lockstoffe wie Baldrian und Fuchsurin wirken auch auf Hunde und Katzen. Diese geraten regelmäßig in Fallen und werden getötet.
Tierschutzorganisation Peta
Klar ist: Schlagfallen und Giftköder stellen immer auch eine Gefahr für Haustiere und Menschen dar.
Alarmierender Report: In nur 50 Jahren sind die weltweiten Bestände an Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien um fast 70 Prozent geschrumpft. Ein Überblick.