Winnetou-Kinderbücher: Ravensburger-Verlag stoppt Verkauf

    Vorwurf: kulturelle Aneignung:Verlag stoppt Verkauf von Winnetou-Büchern

    23.08.2022 | 06:32
    |

    Ravensburger hat den Verkauf von Kinderbüchern zu dem neuen Winnetou-Film gestoppt. Der Grund: Vorwürfe von "kultureller Aneignung" und "verharmlosender Klischees" stehen im Raum.

    Mika Ullritz (l.) als Winnetou und Milo Haaf als Tom Silver in einer Szene des Films "Der junge Häuptling Winnetou" (undatierte Filmszene)
    Der Ravensburger Verlag hat ein Kinderbuch zum neuen Kinofilm "Der junge Häuptling Winnetou" nach Kritik zurückgezogen. (Filmszene)
    Quelle: dpa

    Ein Rückzieher des Ravensburger Verlages bei einem Winnetou-Kinderbuch sorgt für Diskussionen. Wie ein Unternehmenssprecher bestätigte, wurde die Auslieferung des Buchs aufgrund "verharmlosender Klischees" über die Behandlung der indigenen Bevölkerung in dem Werk bereits gestoppt.
    Zuvor hatte der Verlag den Schritt in einem Post auf Instagram angekündigt und mit "den vielen negativen Rückmeldungen" zu dem Buch "Der junge Häuptling Winnetou" begründet.
    Bei den gestoppten Artikeln handelt es sich den Angaben zufolge um Lizenztitel:
    • ein Kinderbuch ab acht Jahren
    • ein Erstleserbuch
    • ein Puzzle
    • sowie ein Stickerbuch.

    Winnetou habe "viele Menschen begeistert"

    Der Verlag habe "sorgfältig abgewogen" und entschieden, die Titel aus dem Programm zu nehmen, erklärte ein Sprecher des Verlags gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Ravensburger sei "zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts der geschichtlichen Wirklichkeit, der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung, hier ein romantisierendes Bild mit vielen Klischees gezeichnet wird".
    Der Stoff um Winnetou habe "viele Menschen begeistert", sei aber "weit entfernt von dem, wie es der indigenen Bevölkerung tatsächlich erging". Der Verlag wolle daher "keine verharmlosenden Klischees wiederholen und verbreiten".

    Kritik im Internet: Kulturelle Aneignung, fremdenfeinliche Stereotype

    Die Veröffentlichung des Kinderbuches zu dem gleichnamigen Kinofilm hatte im Internet erhebliche Kritik ausgelöst. Das Feedback habe gezeigt, dass "wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben", erklärte der Verlag bereits vor einigen Tagen auf Instagram. "Das war nie unsere Absicht", erklärte Ravensburger weiter und entschuldigte sich "ausdrücklich".
    Instagram-Post von Ravensburger Kinderbücher
    Ein Klick für den Datenschutz
    Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Instagram nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Instagram übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Instagram informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
    Datenschutzeinstellungen anpassen
    In den Sozialen Netzwerken wurde hauptsächlich kritisiert, dass der Stoff von Karl May überhaupt noch verlegt wird, vor allem für Kinder. Denn darin würden fremdenfeindliche Stereotype wiedergegeben, die ihren Ursprung im Kolonialismus haben. Auch der Vorwurf der kulturellen Aneignung steht im Raum - also die Übernahme von Merkmalen der Kultur der Indigenen.
    Auch unter dem Hashtag #winnetou gaben Nutzer Kommentare ab, wobei zahlreiche Nutzer Unverständnis über die Entscheidung des Verlags äußerten.

    Karl-May-Experte hält Winnetou-Buch für unbedenklich

    Der Karl-May-Experte Andreas Brenne hält das Winnetou-Buch für unbedenklich und kritisierte die Entscheidung des Verlags. Der "Osnabrücker Zeitung" sagte er:

    Ich halte es für nicht richtig, ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen.

    Andreas Brenne, Kunstpädagogikprofessor

    Schon in einer Vorbemerkung werde klargestellt, dass das Buch als fiktive Geschichte und nicht als sachgerechte Darstellung des Lebens indigener Völker zu verstehen sei. Brenne warnte davor, den Vorwurf der falschen kulturellen Aneignung unreflektiert zu generalisieren. "Schon das Verkleiden als Indianer gilt dann als rassistischer Akt", erklärte Brenne, der in der Karl-May-Gesellschaft an Programmfragen mitarbeitet.

    Film erhielt Prädikat besonders wertvoll

    Die Kritik hatte sich zunächst vor allem an der gleichnamigen Verfilmung entbrannt, weil der Film - so die Kritik - rassistische Vorurteile bediene und eine kolonialistische Erzählweise nutze. Die von den Bundesländern getragene Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW), die Filme auf ihre Qualität hin begutachtet, hatte eine gespaltene Meinung. Einige Jurymitglieder halten es demnach heute für nicht mehr zulässig, einen Film "im Geist der mythisch aufgeladenen und sehr klischeehaft darstellenden Karl-May-'Folklore' zu realisieren".
    Die Hauptdarsteller des Films "Der junge Häuptling Winnetou" bei der Premiere in München. (Archivbild)
    Die Hauptdarsteller des Films "Der junge Häuptling Winnetou" bei der Premiere in München. (Archivbild)
    Quelle: LEONINE Studios/obs

    Bei einer großen Mehrheit der Jury fand der Film den Angaben der FBW zufolge aber Zustimmung. Sie verwiesen darauf, dass Karl May seine Erzählungen aus seiner Fantasie geschrieben habe, auch die Verfilmungen in den 60er Jahren seien Märchen, welche die Welt der indigenen Völker "im absolut klischeehaften Bild darstellten". Dies in einen Kinderfilm von heute märchenhaft einzubringen, sei durchaus legitim, befanden die Jury-Mitglieder. Der Film erhielt letztlich das Prädikat besonders wertvoll.
    Quelle: dpa, AFP