Katar 2022: Die Fußball-WM wie gemacht fürs "System FIFA"

    Kommentar

    Weltverband als Hauptprofiteur:Die WM wie gemacht fürs "System FIFA"

    Florian Bauer
    von Florian Bauer
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    Die FIFA-WM in Katar endet. Was bleibt von diesem Ereignis, bei dem sich die FIFA auffällig ruhig verhalten hat? Obwohl sie doch Hauptakteur und vor allem auch Hauptprofiteur ist.

    Doha bei Nacht während der Weltmeisterschaft Die nächtliche Atmosphäre auf den Straßen während der FIFA-Weltmeisterschaft, WM, Weltmeisterschaft, Fussball in Doha, Katar am 30. 11. 2022.
    Obwohl die FIFA Hauptakteur und -profiteur der WM in Katar war, hat sie sich auffällig ruhig verhalten.
    Quelle: imago

    Es ist dann also doch genau die WM geworden, die die FIFA sich verdient hat. Und das, obwohl sie, die FIFA, ja kaum aufgefallen ist in diesem Monat des Turniers. Und doch der große Orchestrator dieser WM war. Im Hintergrund eben. Also nochmal schwarz auf weiß, damit keiner denkt, die FIFA habe mit dieser, ihrer, Veranstaltung nichts zu tun:
    Da sind die vielen leeren Ränge bei fast allen Vorrundenspielen, fast allen Achtel-, Viertel- und sogar Halbfinalspielen. Noch nie hat eine WM so klar gezeigt, dass deutlich weniger Menschen so viel Geld bezahlen wollten, Hunderte Euro für Karte, Hotel, Flug, nur um Fußball zu bewundern.

    FIFA dominiert die Bilder dieser WM

    Vor allem bei all den gesellschaftspolitischen Diskussionen im Vorfeld dieser FIFA-WM in Katar rund um Menschenrechte, tote Gastarbeiter, fehlende Nachhaltigkeit, Korruptionsverdacht und und und. Nur, dass es den Milliarden von Zuschauerinnen und Zuschauern an den Fernsehbildschirmen eben kaum aufgefallen ist.
    Richard David Precht, Markus Lanz und der Sportjournalist Thomas Kistner sitzen im Podcast-Studio.
    Lanz & Precht reden im Video-Podcast mit Sportjournalist Thomas Kistner über den Weltfußballverband FIFA und die Machenschaften der Funktionäre.09.12.2022 | 59:14 min
    Denn die FIFA hat wie immer die Kontrolle über die Bilder, und auf denen waren die leeren Ränge eben fast nie zu erkennen. Weltweit waren die Verwunderlichkeiten im Stadion auch kein allzu großes Thema, wenn zum Beispiel beim Halbfinale des wichtigsten Events des Planeten Plätze frei bleiben. Hat Katar da frühzeitig Tickets gekauft und dann niemanden dafür gefunden, sie zu nutzen? Es bleibt ein Gerücht.

    Florian Bauer
    Quelle: Annika Fußwinkel, WDR

    ... die WM 2022 und Katar seit der Vergabe intensiv begleitet. Als Experte für Sportpolitik war er sechs Mal für viele Wochen im Land, hat mit den WM-Organisatoren und Menschenrechtsorganisationen gesprochen, mit Kataris und Wissenschaftlern. Er war einer der ersten weltweit, die über die Situation der Gastarbeiter aus den Camps in Katar berichtet hat.

    Als Experte zu Katar und der WM 2022 wurde er in den Menschenrechtsausschuss des Europaparlaments und den Sportausschuss des Deutschen Bundestages eingeladen. Er war einer der ersten weltweit, der über die Situation der Gastarbeiter aus den Camps in Katar berichtet hat. Seine Festnahme bei einem seiner Besuche ging um die Welt. Als Experte zu Katar und der WM 2022 wurde er in den Menschenrechtsausschuss des Europaparlaments und den Sportausschuss des Deutschen Bundestages eingeladen.

    Er ist zudem politischer Moderator beim ARD/ZDF-Tochtersender Phoenix.

    Das "System FIFA" funktioniert

    Der FIFA wird es egal sein, bezahlt ist bezahlt, und gesehen hat man es ja fast nur im Stadion. Das System FIFA, es funktioniert, auch bei dieser WM. Und dass in Deutschland, einem nicht ganz unwichtigen, weil nicht gerade unlukrativen Fernsehmarkt der FIFA, die TV-Quoten massiv eingebrochen sind? Geschenkt.
    "ZDFzeit: Geheimsache Katar": Blick in ein leeres, hell beleuchtetes Fußballstadion. In der Mitte sind die dunklen Umrisse eines Menschen zu erkennen, der dem Betrachter den Rücken zukehrt
    Eine WM in der Wüste. Im Winter. Aller Kritik zum Trotz: Sportjournalist Jochen Breyer und Autorin Julia Friedrichs gehen der Frage nach, wie Katar dieser Coup gelingen konnte.15.12.2022 | 43:26 min
    Beziehungsweise: Bezahlt. Denn auch die Fernsehgelder sind ja schon vor langer Zeit verhandelt worden und dementsprechend zu überweisen. Merke: Die FIFA gewinnt immer. Dass Katar eine Vizepräsidentin des EU-Parlaments bezahlt haben soll, vor den Parlamentarier*innen Europas Katar ins positive Licht zu rücken - bisher noch eine unbewiesene Anschuldigung.

    Korruptionsvorwürfe und fehlende Nachhaltigkeit perlen an FIFA ab

    Und: Was hat die FIFA damit zu tun? Dass ursprünglich die WM von Katar durch Korruption gekauft worden sein soll und dafür allerhand Hinweise in juristischen Verfahren weltweit nachlesbar sind und just während dieser WM nun belgische Behörden über 600.000 Euro beschlagnahmt haben, in cash, genauer gesagt in mehreren Taschen voller Geld, unter anderem eben bei der ehemaligen Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili, naja, das ist, klar, keine Kleinigkeit (Das EU-Parlament hat alle offenen Verfahren mit Katar auf Eis gelegt; also erstmal keine VISA-Erleichterungen für Kataris, kein Abkommen mit Qatar Airways und kein geplanter Trip von EU-Parlamentarier*innen nach Katar).
    Und trotzdem ist genau das eingetreten, das immer eintritt, wenn der Ball erstmal rollt. Die Neymars, Mbappés, Messis dieser Welt übernehmen. Bei aller Kritik - vor allem im Vorfeld - übernimmt dann doch irgendwann König Fußball die Wahrnehmung.
    Die Nachhaltigkeit dieser WM? Eine lächerliche PR-Nummer. Kaum mehr als eines der acht WM-Stadien in Katar wird noch einmal in der vorhandenen Größe gebraucht. Die Zukunft der Situation der Gastarbeiter - nicht nur, aber auch in Katar - völlig unklar.
    Manu Thiele
    Die FIFA und Gastgeber Katar behaupten, die Fußball-WM sei nachhaltig und klimaneutral. Aber stimmt das? Kritiker widersprechen und sagen, diese Behauptung sei irreführend.12.12.2022 | 13:33 min

    FIFA kann sich über Rekordumsatz freuen

    Die Bedeutung dieser WM für die arabische Welt? Deutlich kleiner, als sie hätte sein können, wenn man auch in der FIFA frühzeitig auf eine panarabische WM hingearbeitet hätte. Diese WM war ein Gewinn. Für Katar. Auch für die Welt. Zu verstehen, dass das größte Ereignis, das die Welt zu bieten hat, auch im arabischen Raum stattfinden kann. Warum auch nicht?
    Aber insbesondere für die FIFA ist die WM ein Gewinn: Rekordumsatz der letzten vier Jahre vor allem durch die WM: 7,25 Milliarden Euro. Wenn es das ist, was von dieser WM übrig bleibt, dann hat die FIFA doch mal wieder alles richtig gemacht. Mit dieser WM, wie gemacht fürs System FIFA.

    Experte zu Katar-Vorurteilen
    :Die WM, die die FIFA verdient hat

    Kurz vor dem WM-Start in Katar ist es Zeit, mit einigen Vorurteilen aufzuräumen. Zumal die FIFA genau die WM erhält, die sie verdient.
    von Florian Bauer
    Fußball, Vorbereitung auf die WM in Katar, Nationalmannschaft Deutschland, eine Verkehrsinsel vor dem Al Shamal-Stadion am Rande von Al-Ruwais ist mit Flaggen der teilnehmenden Nationen der FIFA WM 2022 in Katar dekoriert.

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