Katholische Kirche: Druck auf Woelki und Papst wächst

    Mitarbeitende distanzieren sich:Druck auf Woelki und Papst wächst

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    von Jürgen Erbacher
    16.08.2022 | 16:02
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    Neue Details über das Vorgehen von Kardinal Woelki im Kontext des Missbrauchsgutachtens lösen eine weitere Empörung aus. Mitarbeitende distanzieren sich.

    Knapp zwei Jahre ist es her, dass Kardinal Rainer Maria Woelki und sein damaliger Verwaltungschef den Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln für ihr Vorhaben gewinnen konnten, das bei der Münchner Kanzlei Westpfahl Spiker Wastl in Auftrag gegebene erste Missbrauchsgutachten wegen angeblicher Mängel nicht zu veröffentlichen und ein neues Gutachten in Auftrag zu geben.
    Schon wenige Tage später entbrennt im Oktober 2020 ein Streit darüber, ob der Betroffenenbeirat instrumentalisiert wurde, um vom Kardinal und seinen Beratern längst Beschlossenes umzusetzen.

    Beraterfirma für 800.000 Euro engagiert

    Dass Woelki eine Beraterfirma engagiert hatte, die ihn und das Bistum bei Kommunikationsfragen rund um das Missbrauchsthema und die Amtsführung des Kardinals beraten sollte, ist seit Dezember 2021 bekannt. Ebenso dass dafür Kosten von rund 800.000 Euro entstanden sind.
    Vor wenigen Tagen wurden nun Details über die Strategie bekannt, die die Medienberater zum "Überleben" des Kardinals dem Erzbistum empfahl. Demnach sollten die Betroffenen in der entscheidenden Sitzung mit "Emotionen" und "Jokern" in der Hinterhand vom Gutachterwechsel überzeugt werden.

    Erzbistum: "Nicht nach Drehbuch Dritter gehandelt"

    Das Erzbistum erklärte nach der Veröffentlichung der internen Papiere, man habe nicht "nach einem Drehbuch Dritter gehandelt". Es habe nie das Ziel gegeben, die Betroffenen "zu einem bestimmten Stimmverhalten zu animieren". Auch sei kein Druck ausgeübt worden. Das Beraterpapier werde "völlig falsch interpretiert", so der amtierende Generalvikar Guido Assmann.
    Nach Ansicht des Stellvertreters Woelkis machten einige Medien aus der Sache einen Riesenskandal. Das sei es aber nicht. Der Kardinal schweigt in der Öffentlichkeit zu dem Vorgang. Dafür erntete er selbst bei seinem eigenen Führungspersonal Kritik.

    Mitarbeiter Woelkis distanzieren sich

    Für den Bonner Stadtdechanten Wolfgang Picken wäre eine persönliche Erklärung des Kardinals "authentischer und hilfreicher" gewesen. Mehrere Dutzend kirchliche Mitarbeiter, Priester, Mitarbeitende in der Seelsorge und andere Funktionsträger haben sich am Montag von ihrem Erzbischof distanziert. Sie hätten nach dessen Auszeit versucht, den Dialog mit ihm aufzunehmen.
    "Mit dem Bekanntwerden der PR-Strategien aber hat Kardinal Woelki sein letztes Vertrauen verbraucht", schreiben sie in einer Erklärung. "Das System Woelki kollabiert völlig", so die Analyse des Vorsitzenden des Kölner Diözesanrats, Tim Kurzbach, in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er appelliere an den Papst, "eine Entscheidung zu treffen".

    Papst will über Rücktritt nicht unter Druck entscheiden

    Franziskus hatte in den vergangenen Wochen wiederholt erklärt, er wolle nicht "unter Druck" entscheiden. Kardinal Woelki hatte ihm zum Ende seiner Auszeit Anfang März seinen Rücktritt angeboten. Ob und wann der Papst diesen annimmt, ist seitdem offen. Doch die jüngsten Ereignisse zeigen, dass der Druck mit der Zeit nicht abnimmt, sondern größer wird.
    Franziskus selbst trug mit Äußerungen dazu bei. Nach Woelkis Narrativ hatte er im Herbst vergangenen Jahres den Papst selbst um eine Auszeit gebeten und den Rücktritt freiwillig eingereicht. Franziskus korrigierte diese Deutung und erklärte, die Initiative für Woelkis Auszeit und das Rücktrittsgesuch sei jeweils von ihm, dem Papst, ausgegangen.
    Zugleich machte Franziskus im Mai deutlich, dass er die Probleme im Erzbistum Köln behandle, "wie jede andere Diözese in der Welt, die Konflikte erlebt". Als Vergleich zog er ein Bistum in Puerto Rico heran, in dem es schon seit Jahren Konflikte gebe. Das zeigt, dass Franziskus andere Prioritäten hat. Allerdings gibt es auch viele Beispiele, wo eine Entscheidung sehr schnell gefallen ist. Deshalb lassen sich für Köln nur schwer Vorhersagen treffen.

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