Ein karnevalistischer Berater des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet, der Intendant des Aachener Grenzlandtheaters Uwe Brandt, ist unter Korruptionsverdacht geraten.
Der Beschuldigte, auch Frontmann der Aachener Karnevalsband "Vier Amigos", soll über Jahre hinweg Dienstwagen des kommunalen Theaters für Privat- und Urlaubsfahrten und auch die dienstliche Kreditkarte für Privateinkäufe genutzt haben.
Auftragsvergaben ohne Ausschreibungen?
Das Rechnungsprüfungsamt Aachen hat in einem Bericht vom Oktober 2020 den Anfangsverdacht für die Untreuevorwürfe bestätigt, nach Hinweisen aus dem Theater-Beirat im Juni 2020. Gerügt wird auch Vetternwirtschaft. So habe der Intendant im Theater Familienmitglieder beschäftigt, ohne die erforderliche Zustimmung des Theater-Beirats.
Die Rechnungsprüfer kritisieren zudem Auftragsvergaben durch den Intendanten, weil dafür notwendige Ausschreibungsunterlagen nicht auffindbar seien. Im Jahr 2019 sei ein Auftrag über knapp 43.000 Euro vergeben worden, zu dem kein Konkurrenzangebot dokumentiert ist.
Korruption stellt besonders in der Corona-Pandemie eine große Gefahr in Deutschland dar. Die polizeilich registrierten Korruptionsstraftaten sind in diesem Jahr angestiegen.
Obwohl das Rechnungsprüfungsamt schon vor 2015 die chaotische Buchhaltung des Theaters gerügt hatte, sind auch in den Jahren danach immer wieder Auszahlungen aus der Theater-Barkasse erfolgt, ohne Namen der Empfänger und Verwendungsgründe auf den Quittungen.
Korruptionsexperte: "Typisch für rheinischen Klüngel"
Die Aachener Staatsanwaltschaft ist erst seit drei Wochen in den Fall eingeschaltet. Doch die Belegschaft des Theaters erklärt gegenüber Frontal21, dass sie die Dienstvergehen des Intendanten schon viel früher bei der Behördenleitung angezeigt hätte:
Adressat dieses Beschwerdebriefes, der Frontal21 vorliegt, war der Aachener Städteregionsrat Tim Grüttemeier, dessen Behörde die Aufsicht über die Theaterleitung innehat. Damit konfrontiert, wie er denn auf diese Anhaltspunkte für mögliche Straftaten reagiert habe, wollte sich Grüttemeier nicht äußern. Der Behördenleiter hatte angekündigt, den Vertrag des Intendanten um zwei Jahre verlängern zu wollen.
Der Kölner Korruptionsexperte Werner Rügemer redet von einem Fall "typisch für rheinischen Klüngel vor allem in den Netzwerken des Karnevals". Die SPD-Opposition in der Städteregion Aachen will die Kölner Bezirksregierung einschalten, um mögliche Dienstvergehen auch des verantwortlichen Behördenleiters prüfen zu lassen.
Intendant weist Vorwürfe zurück
Der gelernte Sozialarbeiter Uwe Brandt mit einem Intendanten-Gehalt von 113.000 Euro pro Jahr weist die Vorwürfe der persönlichen Bereicherung zurück. Seine Dienstvergehen bezeichnet er als "Trotteligkeit" und "naiv". Er legt Wert darauf, dass er für die private Nutzung der Dienstwagen im Nachhinein Schadenersatz geleistet habe. Weil aber Fahrtenbücher lückenhaft oder gar nicht geführt wurden, ist für das Rechnungsprüfungsamt Aachen unklar, ob der gesamte Schaden für den Steuerzahler beglichen wurde.
In einem Schreiben erwähnt Brandts Anwalts die Kontakte seines Mandanten zum Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Brandt hatte Armin Laschet Anfang 2020 für dessen Fernsehauftritt bei der Verleihung des Aachener Ordens "Wider den tierischen Ernst" gecoacht. Armin Laschet war auf Nachfrage von Frontal21 nicht bereit, sich zu den Vorwürfen gegen seinen Duz-Freund Uwe Brandt zu äußern.