"Roe v. Wade" ist Geschichte: Das Grundsatzurteil, das das US-Recht auf Abtreibung regelte, wurde vom Obersten Gerichtshof gekippt. Daran hat auch Donald Trump seinen Anteil.
Der Oberste Gerichtshof der USA hat mit einer wegweisenden Entscheidung das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court in Washington machte am Freitag damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen US-Staaten.
Damit ist das aktuelle Recht auf Abtreibung in den Vereinigten Staaten nach fast einem halben Jahrhundert Geschichte. Die Entscheidung macht Schwangerschaftsabbrüche nicht illegal, von nun an steht es den einzelnen US-Bundesstaaten jedoch frei, Abtreibungen zu erlauben, sie einzuschränken oder gänzlich zu verbieten.
"Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung"
"Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung", heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung ist keine Überraschung: Anfang Mai hatte das Magazin "Politico" einen Entwurf dazu veröffentlicht.
Daraus ging bereits hervor, dass das Gericht so entscheiden will.
Daraufhin gab es einen Aufschrei von Frauenrechtsorganisationen, Kliniken und Liberalen. Das Urteil ist nun so drastisch wie erwartet.
In etwa der Hälfte der Bundesstaaten dürfte es nun zu weitgehenden Einschränkungen kommen.
US-Präsident Joe Biden bezeichnete das Urteil als "tragischen Fehler". Die Entscheidung gehe auf eine "extreme Ideologie" zurück und habe den Frauen in den USA ein verfassungsmäßiges Recht "weggenommen", sagte er am Freitag in Washington. "Die Gesundheit und das Leben der Frauen dieses Landes sind jetzt in Gefahr", warnte der Präsident.
Verschärfte Abtreibungsrechte in etwa Hälfte aller US-Staaten
Nach Angaben des Guttmacher Institute dürften 26 und damit etwa die Hälfte der 50 Bundesstaaten nun verschärfte Abtreibungsrechte einführen. 13 dieser konservativ geführten Bundesstaaten haben entsprechende Gesetze bereits vorbereitet. Als Reaktion auf das Urteil verbot der US-Staat Missouri Schwangerschaftsabbrüche.
Dagegen wollen die von den Demokraten regierten Bundesstaaten am Recht auf Schwangerschaftsabbrüche festhalten. Viele Frauen könnten damit künftig gezwungen sein, in andere Bundesstaaten zu reisen, wenn sie eine Abtreibung vornehmen lassen wollen.
Der wichtigste Anbieter von Schwangerschaftsabbrüchen in den USA, Planned Parenthood, kündigte an, sich weiter für das Recht auf Abtreibung engagieren zu wollen. "Wir werden den Kampf niemals aufgeben", erklärte das Unternehmen. Ex-Präsident Barack Obama nannte die Gerichtsentscheidung einen Angriff auf die "Grundfreiheiten" der US-Bürger.
Grundsatzurteil Roe v. Wade
Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verbietet. Abtreibungen sind aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - heute etwa bis zur 24. Woche. Dies stellte bisher ein Urteil des Obersten US-Gerichts von 1973 sicher, das als "Roe v. Wade" bekannt ist.
Damit verankerte der Oberste Gerichtshof der USA mit seinem Grundsatzurteil "Roe v. Wade" ein verfassungsmäßiges Recht aller Frauen auf Abtreibungen.
Ein weiteres Urteil von 1992, Planned Parenthood v. Casey, bestärkte die Rechtsprechung und passte sie etwas an. Der Supreme Court hat diese Entscheidungen nun gekippt.
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Konservative Richter durch Trump berufen
Das Abtreibungsrecht ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Gegner versuchen die liberalen Regeln seit Jahrzehnten zu kippen. Unter dem vorigen Präsidenten Donald Trump rückte der Supreme Court deutlich nach rechts.
Der Republikaner ernannte während seiner Amtszeit die Richter Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett. Die Richterinnen Sonia Sotomayor und Elena Kagan sowie Richter Stephen Breyer stimmten gegen die Entscheidung. Sie gelten als liberal.