Die AfD hat ihren ehemaligen Pressesprecher entlassen. Er soll davon gesprochen haben, wie man Migranten töten kann. Ein Aktivist behauptet, die Parteispitze gewarnt zu haben.
Die AfD-Spitze zog gestern im letzten Moment die Reißleine und entließ ihren ehemaligen Sprecher Christian Lüth fristlos. Wenige Stunden später zeigte Pro7 in der Doku "Rechts. Deutsch. Radikal" heimlich gefilmte Szenen, in denen Lüth menschenverachtende Sätze gesagt haben soll.
Laut Gedächtnisprotokoll spricht ein hochrangiger AfDler, der Lüth sein soll, darüber, dass mehr Migranten nach Deutschland kommen sollten.
Nun behauptet ein ultrarechter Aktivist, er habe die AfD-Fraktionsspitze schon vor drei Monaten vor dem brisanten Material gewarnt. Nikolai Alexander ist ein ehemaliger Anführer der rechten Trollfabrik Reconquista Germanica, einem mittlerweile aufgelösten Online-Netzwerk, das die AfD unterstützte und Online-Angriffe auf politische Gegner orchestrierte. Alexander ist weiterhin auf YouTube tätig.
Hat die AfD trotz Alexanders angeblicher Warnung dennoch an Lüth festgehalten? Lüth war zum Zeitpunkt der Aufnahmen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion.
Die AfD-Co-Fraktions-Chefin Alice Weidel sagt gegenüber ZDFheute, man habe nichts von Lüths angeblichen Aussagen gewusst. Sie gab zwar zu, dass es in der Causa Lüth "von unterschiedlichster Seite Informationen, bzw. vermeintliche Informationen, die an verschiedene Personen der Fraktion herangetragen wurden," gegeben habe.
Lüths Selbstbezeichnung als "Faschist"
Lüth war bereits zuvor mit fragwürdigen Zitaten aufgefallen. Seit April war er als Pressesprecher freigestellt, nachdem er sich in Chats selbst als "Faschist" bezeichnet hatte, wie Zeit Online recherchierte. Wie ZDFheute aus Parteikreisen erfuhr, wollte die AfD-Spitze dennoch an Lüth festhalten und ihn als "Medienkoordinator" aufbauen.
Georg Pazderski, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, sagt gegenüber ZDFheute:
Wer ist die Aussteigerin Lisa Licentia?
Eine zentrale Rolle in dem Skandal um Lüth spielt die YouTuberin Lisa Licentia. Sie ist ein ehemaliges Poster-Girl der rechten Szene. In der Doku, für die der Journalist Thilo Mischke rund zwei Jahre recherchiert hat, sagt Licentia unter Tränen, dass sie aussteigen wolle. Die heimlich getätigten Aufnahmen sollten auch dazu dienen, die AfD zu entlarven.
Licentia war in kurzer Zeit in der rechtsalternativen Medienblase aufgestiegen. Bekannt wurde sie mit Undercover-Videos von Demonstrationen. Kurzzeitig engagierte sie sich laut eigenen Angaben auch in der vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eigestuften Identitären Bewegung.
Einer der führenden IB-Köpfe, der Österreicher Martin Sellner, empfahl sie zunächst und gab ihr eine Plattform, später wendete er sich von ihr ab und deutete sogar an, dass sie von V-Leuten eingeschleust worden sein könnte.
Licentias Abkehr von der rechten Szene hatte sich in den vergangenen Monaten bereits abgezeichnet. Anfang Juli schrieb sie auf Twitter, sie habe pauschalisiert und sich instrumentalisieren lassen.
Private Nachrichten von Licentia veröffentlicht
Unter Druck geriet Licentia zusehends, nachdem ihr Twitter-Account gehacked worden war und zahlreiche private Nachrichten öffentlich gemacht wurden.
Ende Juli zeigte der rechte Aktivist Nikolai Alexander einige der Nachrichten in einem YouTube-Video. Demnach berichtet Licentia davon, dass sie mit Pro7 eine Doku gedreht habe und sich "mit einem hohen AfDler" getroffen habe. Die Aussagen seien "schlimmer als ich das mir hätte vorstellen können". Das bezieht sich wohl auf Christian Lüth.
Licentia hat nicht auf Anfragen von ZDFheute reagiert. Laut Doku nimmt sie an einem Aussteiger-Programm Teil. Auch Nikolai Alexander reagierte nicht auf Anfragen von ZDFheute.