Die neue Bundestagsfraktion der AfD hat gewählt: Alice Weidel und Tino Chrupalla sind ihre neuen Vorsitzenden. Zuvor wurde entschieden, dass es bei der Doppelspitze bleibt.
Die neue Bundestagsfraktion der AfD hat Alice Weidel und Parteichef Tino Chrupalla zu ihren Vorsitzenden gewählt. Sie erhielten nach Angaben von Teilnehmern der Fraktionssitzung 50 Ja-Stimmen. 25 Abgeordnete stimmten gegen das Duo, bei zwei Enthaltungen. Gegenkandidaten gab es nicht.
Chrupalla: AfD soll "koalitionsfähig" werden
Um die neue Fraktionsspitze, insbesondere um die Wiederwahl Weidels, hatte es zuvor intern heftige Debatten gegeben. Die AfD-Fraktion hatte am Mittwoch sieben und am Donnerstag mehr als fünf Stunden debattiert, bis schließlich abgestimmt wurde. Die AfD habe "diskussionsfreudige Mitglieder", das habe Zeit gekostet, sagte Weidel im Anschluss.
Chrupalla sagte, Ziel der AfD sei es, die Partei bis 2025 koalitionsfähig zu machen: "Das werden wir in den nächsten vier Jahren jetzt vorantreiben." Chrupalla trat die Nachfolge von Alexander Gauland an, der nicht mehr kandidiert hatte. Der 80-Jährige wurde von der Fraktion zum Ehrenvorsitzenden gewählt.
Keine Mehrheit gegen Doppelspitze
Zuvor hatte die Fraktion entschieden, dass auch künftig zwei Vorsitzende an der Spitze der Fraktion stehen sollen. Ein Antrag zur Abkehr von diesem Prinzip, der sich nach Ansicht von Beobachtern vor allem gegen die bisherige Co-Vorsitzende Weidel richtete, fand keine Mehrheit.
Der Antrag zur Abkehr vom Prinzip der Doppelspitze, der sich nach Ansicht von Beobachtern vor allem gegen die bisherige Co-Vorsitzende Alice Weidel richtete, erhielt an diesem Donnerstag nach Angaben aus Fraktionskreisen keine Mehrheit.
Einen Tag nach der Wahl zieht die AfD eine erste Bilanz. Es sei ein stabiles Ergebnis erzielt worden, lobt Parteichef Chrupalla. Co-Chef Meuthen sieht das anders.
Debatte über Gauland als Ehrenvorsitzenden
Eine kontroverse Debatte gab es nach Angaben von Teilnehmern der Fraktionssitzung über den Vorschlag, den scheidenden Co-Fraktionschef Alexander Gauland zum Ehrenvorsitzenden zu machen. Das ehemalige CDU-Mitglied war über Jahre eine der mächtigsten Figuren in der Partei. Inzwischen werfen ihm jedoch Angehörige des Lagers, das sich selbst als gemäßigt bezeichnet, vor, er habe die Partei zu weit nach rechts geöffnet. Die Diskussion über den Ehrenvorsitz sei teilweise etwas "ruppig" geführt worden, berichteten Teilnehmer.
Am Ende wurde dann aber doch die Position eines Ehrenvorsitzenden ohne Stimmrecht in der Geschäftsordnung verankert. Darüber, ob Gauland dieses Amt bekleiden soll, wollten die Abgeordneten am späten Abend abstimmen.
Helfrich von Sitzung ausgschlossen
Zu dem Treffen der Fraktion am Donnerstag waren nur 82 der insgesamt 83 AfD-Abgeordneten eingeladen. Nachdem am Mittwoch einige Abgeordnete Einwände gegen seine Aufnahme in die Fraktion geäußert hatten, verzichtete Matthias Helferich, der über die NRW-Landesliste der AfD in den Bundestag gekommen war. Ob er künftig zumindest als Gast an den Sitzungen teilnehmen will und darf, muss noch entschieden werden.
Gegen Helferich war noch im Wahlkampf eine Ämtersperre verhängt worden. Hintergrund der vom Bundesvorstand beschlossenen Ordnungsmaßnahme waren Äußerungen in älteren Chats. Der AfD-Politiker bestreitet nicht, dass er sich darin als "freundliches Gesicht des NS" bezeichnet hatte. Dieser Begriff sei jedoch lediglich eine Fremdzuschreibung von linken Bloggern gewesen, die er "persifliert" habe, führte er aus. Kritik an Helferich kam nach Angaben aus Fraktionskreisen unter anderem von den Abgeordneten Uwe Witt und Gottfried Curio.
- Neue AfD-Fraktion: Streit zum Auftakt
Die neue AfD-Fraktion ist zum ersten Mal zusammengekommen - mit weniger Abgeordneten und vielen Neuen. Doch noch vor der Wahl der Fraktionsvorsitzenden gab es Streit.
Streit über Wahlordnung
Strittig war zunächst auch die Wahlordnung. Einige Mitglieder der neuen Fraktion wollten nicht, dass sich die beiden Spitzenkandidaten - Weidel und Parteichef Tino Chrupalla - gemeinsam als Fraktionsvorsitzende zur Wahl stellen. Auch der Co-Parteivorsitzende Jörg Meuthen hatte sich gegen eine solche Abstimmung im Doppelpack ausgesprochen.
Unterstützung für diese Lösung kam dagegen von Gauland. Er betonte, er habe mit Weidel als Co-Fraktionschefin sehr gut zusammengearbeitet. Schließlich entschied sich die Fraktion für die Tandem-Wahl. Das Ergebnis dieser Abstimmung war allerdings denkbar knapp. Die ursprünglich für den Nachmittag erwartete Wahl der beiden Vorsitzenden stand am frühen Abend immer noch aus.
Die AfD hatte bei der Bundestagswahl am Sonntag 10,3 Prozent der Zweitstimmen erhalten. Über die Gründe für den Stimmenverlust - vier Jahre zuvor waren die Rechtspopulisten mit 12,6 Prozent der Stimmen größte Oppositionsfraktion geworden - gibt es in der Parteispitze unterschiedliche Auffassungen.
- Wo die Koalitionen eine Mehrheit hätten
Nicht in allen Wahlkreisen hätten Ampel und Jamaika eine Mehrheit. Vor allem im Osten gibt es viele ältere und finanziell schwache Regionen, in denen AfD und Linke stärker sind.