Ohne Getöse verlässt AfD-Chef Meuthen die Parteispitze. Einen "permanenten Rechtsruck" der AfD könne er nicht erkennen, sagt er. Ein bürgerliches Feigenblatt sei er nicht gewesen.
Der scheidende AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hätte sich von Unterstützern seines Kurses in der Partei manches Mal mehr Mut gewünscht. "Es mag sein, dass es einige aufgrund eigener Ambitionen für nötig halten, Kompromisse einzugehen und sich zu arrangieren - etwa um Mandate und Ämter in Partei oder Fraktion zu erlangen", sagte Meuthen der Deutschen Presse-Agentur. Dieses Verhalten sehe er "mit einiger Sorge".
Meuthen hatte am Montag seinen Rückzug von der Parteispitze angekündigt. Er wolle bei der turnusmäßig anstehenden Neuwahl des Parteivorstandes im Dezember nicht mehr als Vorsitzender kandidieren, schrieb der 60-Jährige in einem Rundschreiben an die AfD-Mitglieder.
Meuthen plädierte für gemäßigteren Kurs
Meuthen hat in den vergangenen zwei Jahren für einen gemäßigteren Kurs der AfD plädiert. Damit hat er sich Feinde gemacht, vor allem in der Rechtsaußen-Strömung um den Thüringer Landeschef Björn Höcke.
In den vergangenen Monaten hatte es für Meuthens Vorschläge im Parteivorstand nicht immer Mehrheiten gegeben. So war beispielsweise im August der Versuch gescheitert, den Rauswurf des nordrhein-westfälischen AfD-Bundestagskandidaten Matthias Helferich zu beantragen.
Beschlossen wurde lediglich eine Ämtersperre. Helferich zog über die Landesliste in den Bundestag ein.
Er bestritt nicht, dass er sich in dem Chat als "freundliches Gesicht des NS" bezeichnet hatte. Dieser Begriff sei jedoch lediglich eine Fremdzuschreibung linker Blogger gewesen, die er "persifliert" habe. Der AfD-Fraktion gehört Helferich, gegen den mehrere Abgeordnete seiner Partei Vorbehalte äußerten, bisher nicht an.
Meuthen: "Ich war nie ein Feigenblatt"
Auf die Frage, ob er sich zuletzt als bürgerliches Feigenblatt für eine radikale Partei gefühlt habe, antwortete Meuthen: "Ich war nie ein Feigenblatt." Für diese Rolle stehe er auch nicht zur Verfügung. Das Narrativ vom "permanenten Rechtsruck" der AfD sei falsch.
Er habe allerdings das Risiko gesehen, in den neuen Parteivorstand könnten mehrere Vertreter "einer Richtung, für die ich nicht stehe", gewählt werden. Er selbst hätte sich mit seiner Haltung dann dort womöglich "eingemauert" gefühlt.
Meuthen seit 2015 an AfD-Spitze
Bei der alle zwei Jahre anstehenden Wahl des AfD-Parteivorstandes werden zuerst die Vorsitzenden gewählt. Anschließend folgt die Wahl der Stellvertreter und weiterer Vorstandsmitglieder.
Meuthen steht seit 2015 an der Spitze der AfD - erst gemeinsam mit der inzwischen ausgeschiedenen Frauke Petry, dann an der Seite von Alexander Gauland. Seit Ende 2019 teilt sich der Europaabgeordnete den Vorsitz mit Tino Chrupalla, der inzwischen auch Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion ist.
- AfD
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