Stellt die AfD für die Bundestagswahl im September Spitzenkandidaten auf? Darüber herrscht Streit. Es geht um das Ob, das Wie - und auch darum, Personalien zu verhindern.
Besser kein Spitzenkandidat für die Bundestagswahl als ein zu radikaler - so scheint es eine Mehrheit des AfD-Bundesvorstands zu sehen. Die größte Oppositionspartei im Bundestag will auf ihrem Parteitag im April weder ein Duo noch eine einzelne Person für die Bundestagswahl aufstellen, das hat der Vorstand gestern beschlossen. Ein Antrag, die Wahl eines oder mehrerer Kandidaten beim kommenden Parteitag auf die Tagesordnung zu nehmen, wurde abgelehnt.
Alice Weidel, AfD-Fraktionsvorsitzende, und Alexander Gauland, der Ehrenvorsitzende, wollen das nun korrigieren. "Ich halte es für falsch vom Bundesvorstand, Vorentscheidungen zu treffen, die allein die Aufgabe des Parteitags sind", sagte Gauland heute. Weidel nannte es einen "schwerwiegenden Fehler" und unterstellte dem Bundesvorstand, aufgrund von "spitzfindigen Personalfragen" zu entscheiden.
Die AfD unter Beobachtung des Verfassungsschutzes: Droht der Partei die Spaltung?
Personalie zeigt Zerrissenheit des Vorstands
Im April will sich die AfD in Dresden auf ihrem zwölften Bundesparteitag treffen, um ihr Programm zu verabschieden. Auch die Wahl von Richtern des Bundesschiedsgerichts ist geplant. Auch das ist ein wichtiger Punkt, weil diese über mögliche Partei-Ausschlüsse entscheiden.
Dass die AfD-Delegierten keinen eigenen Spitzenkandidaten aufstellen könnten, ist ein Hinweis auf die Zerrissenheit der Partei: Alice Weidel und Meuthens Co-Chef Tino Chrupalla werden Ambitionen nachgesagt. Mit beiden hat sich Meuthen überworfen - unter anderem, weil Weidel und Chrupalla den von ihm angestoßenen Rauswurf des rechtsextremen Bundesvorstandsmitglieds Andreas Kalbitz nicht mitgetragen hatten, ebenso wie dessen Aufrufe an die Partei zur Mäßigung.
Nun schießt der Noch-Fraktionschef Alexander Gauland erneut gegen Meuthen. Auf die Frage, ob mit dem Bundesvorstandsbeschluss Weidel verhindert werden soll, sagt er: "Das sieht genau so aus. Und es ist auch völlig unmöglich, dass ein Bundesvorstand darüber befinden will. Das ist Sache des Parteitags." Das Vorgehen des eigenen Bundesvorstands nütze der Partei nicht.
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Extrem - zerstritten
Die AfD befindet sich mitten im Rechtsstreit mit dem Verfassungsschutz. Doch statt sich zusammenzuraufen, ist die Spitze zerstritten. Es geht um Personalien vor der Bundestagswahl.
Meuthen: Urwahl könnte im Mai stattfinden
Gegenüber ZDFheute widerspricht Meuthen den beiden Fraktionschefs:
Es gehe nur darum, dass diese "fair und auch korrekt" gewählt werden, so Meuthen. Sein Argument: Die Kandidatenlisten seien in einigen Ländern bis Mitte April noch gar nicht aufgestellt. Die Wahl eines Spitzenkandidaten vorab wäre sonst eine "eklatante Wettbewerbsverzerrung".
Er schlägt stattdessen "eine Urwahl aller Mitglieder" vor: "Diese kann stattfinden, unmittelbar nachdem alle Landeslisten gebildet sind; voraussichtlich im Mai." Auch ein Seitenhieb in Richtung Gauland und Weidel fehlt nicht: "Nur darum geht es. Das sollte auch Frau Weidel und Herr Gauland klar sein."
Warum fürchten Parteien so sehr, allein schon Verdachtsfall zu sein?
Weidel ist nach Spendenaffäre angeschlagen
Die Krux für Weidel könnte sein: Die AfD-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg hat nach der Spendenaffäre in ihrem Kreisverband an Rückhalt verloren. Meuthen könnte darauf setzen, dass sie es in Baden-Württemberg nicht oder nur weit hinten auf die Liste schafft und somit nicht als Spitzenkandidatin in Frage kommt.
Doch Weidels Blatt könnte sich auch wieder wenden, denn die Delegierten auf dem Parteitag dürften im April versuchen, das Thema auf die Tagesordnung zu bringen - auch gegen den Willen von Jörg Meuthen.
Die sogenannte Alternative für Deutschland geht in ein Superwahljahr und weiß derzeit nicht einmal, ob sie Spitzenkandidaten haben will, wer das sein könnte und wie man diese bestimmen soll.