Affenpocken betreffen vor allem schwule Männer, sagt das RKI. Dabei können sich auch Heterosexuelle infizieren. Der Schwulenverband kritisiert stigmatisierende Kommunikation.
In Deutschland gibt es aktuell einige wenige Fälle von Affenpocken, jetzt auch drei in Köln. Die Infizierten sind vor allem Männer, die Sex mit Männern haben, heißt es in einem Bericht des Gesundheitsministeriums und des Robert Koch-Instituts (RKI). "Expositionsorte waren Party-Veranstaltungen, unter anderem auf Gran Canaria und in Berlin, bei denen es zu sexuellen Handlungen kam", heißt es. Im Klartext: Schwule Sexparties.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht von Männern, die anonymen Sex mit Männern hätten.
Das Problem an dieser Kommunikation: Heterosexuelle werden bisher nicht erwähnt. Sie könnten denken, das Virus betreffe sie nicht. Das ist aber nicht der Fall, kritisiert Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. "Auch wenn bislang vor allem homosexuelle Männer betroffen sind, können sich selbstverständlich auch Heterosexuelle infizieren", sagt er ZDFheute. Und weiter:
Schwulenverband kritisiert Stigmatisierung
Das ist eine diplomatische Kritik an Lauterbach und RKI. Denn wenn Dahmen fordert, auch Heterosexuelle sollten für die Krankheit und ihre Symptome sensibilisiert werden, bedeutet das: Bisher geschieht das nicht ausreichend. Das ist nicht nur ein Gesundheitsrisiko für heterosexuelle und andere Menschen. Es ist auch diskriminierend, kritisiert der Lesben- und Schwulenverband LSVD.
Panikmache und Stigmatisierungen müssten unbedingt vermieden werden, sagt LSVD-Sprecher Markus Ulrich ZDFheute. Nicht umsonst habe unter anderem die Deutsche Aidshilfe vor genau diesem Effekt gewarnt. "Viele schwule Männer nehmen die jetzige Kommunikation des RKI und Gesundheitsministeriums sowie die Diskussion in der Öffentlichkeit jedoch genauso wahr." Er kritisiert:
Was bisher über Affenpocken bekannt ist: Dr. Christoph Specht über Ansteckungswege und Symptome
Auch die UN-Organisation "Unaids" hatte einige Berichte und Kommentare über Affenpocken-Fälle als homophob und rassistisch kritisiert. Die Deutsche Aidshilfe (DAH) fühlte sich zuletzt an die HIV-Epidemie erinnert. Doch der Vergleich sei zum Glück nicht zutreffend und so könne man aus der Geschichte lernen. Und der LSVD sagt: "Für das Virus ist die sexuelle Orientierung unerheblich."
Lauterbach weist Diskriminierungs-Vorwurf von sich
Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnt vor einer falschen Stigmatisierung. Männer, die Sex mit Männern hätten, seien im Moment die Hauptrisikogruppe. Sie müssten ehrlich angesprochen werden, um sie zu schützen. Inzwischen werden etwa Nutzer der schwulen Dating-App "Grindr" per Push-Nachricht auf Übertragungswege der Affenpocken hingewiesen.
Deutlicher als zuvor sagt Lauterbach jetzt, es sei falsch, dass nur ungeschützter Sex mit Unbekannten ein Risiko darstelle. Zwar seien bestimmte homosexuelle Männer - beispielsweise Sexarbeiter - stärker betroffen. Der Erreger könne aber zum Beispiel auch Kinder infizieren. In Zukunft könnte es auch neue Risikogruppen geben. Laut Experten ist enger Kontakt ein Übertragungsweg, also zum Beispiel auch Kuscheln - egal ob hetero- oder homosexuell.
- Affenpocken: Was wir über das Virus wissen
Aktuell gibt es einige bestätigte Infektions- und Erkrankungsfälle in Deutschland. Doch das Bundesgesundheitsministerium erwartet weitere Affenpocken-Fälle. Was wir bisher wissen.