Seit einem Jahr sind die Taliban in Afghanistan an der Macht. Seitdem wurde laut Amnesty massiv gegen Menschenrechte verstoßen. Berichte dokumentieren Folter und Gewalt.
Die Hilfsorganisation Amnesty International hat schwere Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan kritisiert. Ein am Montag veröffentlichter Bericht der Organisation dokumentiert zudem eine weit verbreitete Straflosigkeit für Verbrechen wie Folter, Morde aus Vergeltung und Vertreibungen von Minderheiten seit der Machtergreifung der Taliban.
Deutschland und andere Nato-Staaten hatten vor gut einem Jahr Afghanistan verlassen. Am 15. August 2021 eroberten die Taliban nahezu kampflos die Hauptstadt Kabul.
Bericht: Taliban lösen friedliche Proteste mit exzessiver Gewalt auf
Die Recherchen von Amnesty International zeigen demnach, dass die Sicherheitskräfte der Taliban exzessiv Gewalt anwenden, um das Verbot friedlicher Proteste durchzusetzen. In mehreren Großstädten hätten sie friedliche Proteste aufgelöst, indem sie auf unbewaffnete Demonstrierende einschlugen und schossen.
Auch Menschenrechtsverteidiger und Aktivisten der Zivilgesellschaft seien ins Visier geraten. Die Taliban schikanierten, bedrohten, inhaftierten und töteten zahlreiche Personen allein aufgrund deren Menschenrechtsarbeit, heißt es.
Prügel und Folter dokumentiert
Zudem gingen die Taliban gegen die Pressefreiheit vor. Am 19. September 2021 habe das dortige Medien- und Informationszentrum eine Anordnung mit vagen Formulierungen erlassen, die es Journalisten verbiete, Inhalte zu veröffentlichen, die "dem Islam widersprechen" oder "nationale Persönlichkeiten beleidigen".
Im vergangenen Jahr seien mehr als 80 Journalisten festgenommen und gefoltert worden, weil sie über friedliche Proteste berichteten.
Es gebe zahlreiche Berichte über Taliban-Soldaten, die Afghaninnen und Afghanen verprügelten und folterten, die gegen Erlasse der Taliban verstoßen haben sollen oder der Zusammenarbeit mit der früheren Regierung beschuldigt werden, erklärte die Menschenrechtsorganisation.
Menschen enteignet und vertrieben
Wenige Wochen nach der Machtübernahme durch die Taliban seien Berichte über rechtswidrige Vertreibungen von nicht-paschtunischen Afghanen aus ihren Häusern und von ihren Farmen bekannt geworden, so der Bericht.
Solche Enteignungen - insbesondere von Hazaras, Turkmenen und Usbeken - seien aus dem ganzen Land gemeldet worden, unter anderem aus den Provinzen Balkh, Helmand, Daikundi, Kandahar und Uruzgan.
Amnesty: Internationale Gemeinschaft muss Maßnahmen ergreifen
Amnesty International fordert die Taliban auf, ihre schweren Menschenrechtsverletzungen und völkerrechtlichen Verbrechen sofort zu beenden. Als De-facto-Regierung von Afghanistan müssten die Taliban dringend die Rechte der Bevölkerung wiederherstellen, schützen und fördern.
Um eine weitere Verschärfung der Menschenrechtskrise in Afghanistan zu verhindern, müsse die internationale Gemeinschaft wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Taliban für die begangenen Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.
Wie leben die Menschen in Afghanistan ein Jahr nach der Machtergreifung der Taliban? Mehr dazu in folgender auslandsjournal-Reportage: