Im noblen Präsident-Hotel in Moskau treffen sich morgen Vertreter Russlands und der Taliban. Worum geht es bei den Gesprächen?
Der Gesprächsort
Zugegeben: Die Russische Föderation ist nicht unbedingt das erste Land, an das man denkt, wenn Taliban-Vertreter mit internationalen Politikern verhandeln. Schließlich gelten die Machthaber in Kabul in Russland nach wie vor als terroristische Organisation und diese ist im Land schlicht verboten. Gespräche zwischen der russischen Führung und den Taliban aber haben Tradition: Schon mehrfach waren Vertreter der afghanischen Islamisten in Moskau, um über die Zukunft Afghanistans zu beraten. Es gehört zur komplexen russischen Realität, dass solche Treffen unter solchen Rahmenbedingungen abgehalten werden.
Die Gesprächspartner
Der Gastgeber bestimmt die Agenda und führt durch den Tag. In diesem Fall ist das Sergej Lawrow, der russische Außenminister. Außerdem sitzt Samir Kubarow mit am Tisch, als Sondervertreter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Taliban reisen mit einer Delegation an, die von Vizepremier Abdul Salam Hanafi angeführt wird. Hanafi wird begleitet von Amir Khan Muttaki, dem derzeitigen Außenminister der Taliban. In den russischen Medien wird darüber diskutiert, dass die entsandten Vertreter aus Afghanistan wenig hochrangig seien - vor allem Hanafi gilt als gebürtiger Usbeke als wenig einflussreich innerhalb der Taliban.
Die Vereinigten Staaten sind zwar eingeladen, nehmen aber nicht teil. Offiziell, so heißt es, aus logistischen Gründen. Die USA hatten Moskau immer wieder vorgeworfen, die Taliban vor Ort gegen die US-Streitkräfte unterstützt zu haben.
Geladen sind auch Vertreter aus Pakistan, Iran und Indien. Wer aus diesen Ländern teilnimmt, ist noch unklar.
Die Themen
Das Format ist ein Sammelbecken für kleine und große Anliegen. Und vor allem ein Ort, in dem man ins Gespräch kommen möchte. Russland geht es dabei vor allem um die Stabilität und Berechenbarkeit der Lage in Afghanistan. Die Nachbarländer Usbekistan und Tadschikistan berühren ureigenste russische Sicherheitsinteressen. Flüchtlingsbewegungen, Drogenhandel, Waffenlieferungen – alles, was das russische Kernland betreffen könnte, dürfte angesprochen werden. Deshalb auch dürfte Moskau besonderes Augenmerk auf die humanitäre Situation in Afghanistan legen. Weitere Interessensgebiete sind der Grenzschutz und die Bekämpfung von Kriminalität.
Die Taliban hoffen primär auf Anerkennung. Zum einen als legitime Machthaber in Kabul, ein Status, der ihnen bislang von Moskau verwehrt wird. Zum anderen wünscht man sich die Anerkennung Afghanistans als Islamisches Emirat.
Die Prognose
Die Hoffnung auf konkrete Ergebnisse wird bereits im Vorfeld gedämpft. Das hat Gründe: Ohne Teilnahme der USA fehlt eine Weltmacht am Tisch. Aber auch, weil die Taliban noch nicht als etablierte, erfahrene politische Kraft gelten. Es sei ein langer Prozess der Annäherung, sagte Samir Kabulow. Möglich sei, so heißt es, eine Vereinbarung über eine Geberkonferenz.
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