Zehn Staaten schicken Vertreter zur internationalen Afghanistan-Konferenz. Im Mittelpunkt: Sicherheitslage und humanitäre Krise. Die USA nehmen nicht teil.
Russland als wichtiger Makler
Während für China wirtschaftsstrategische Interessen im Vordergrund stehen, sieht Russlands Präsident Wladimir Putin sich als neuen Makler für Sicherheitspolitik Zentralasiens. Eine Rolle, die sich als schwieriger erweisen könnte als bisher angenommen.
Denn Afghanistan steht nicht nur kurz vor einer humanitären Katastrophe. Immer mehr Terroranschläge, vor allem auch durch den afghanischen Zweig des IS erschüttern das Land - eine Entwicklung, von der sich vor allem Moskaus engste Verbündete, die zentralasiatischen Staaten Usbekistan und Tadschikistan bedroht fühlen. Auch Russland fürchtet, dass in der instabilen Situation die Gefahr wächst, das radikal-islamistische Kämpfer von Afghanistan aus einsickern könnten.
USA sollen Gelder freigeben
Im Vorfeld der Konferenz in Moskau hat Zamir Kabulow, Russlands Sondergesandter für Afghanistan, die USA aufgefordert, die eingefrorenen afghanischen Zentralbankreserven in Höhe von rund sieben Milliarden US-Dollar freizugeben, nur so könne eine weitere Destabilisierung des Landes vermieden werden.
Die Taliban, so ließ deren Sprecher Zabihullah Mudschahid auf Twitter wissen, wollen in Moskau ihre Sicht der Lage präsentieren. Ihr wichtigstes Anliegen zurzeit ist es, das Land am Laufenden zu halten, das sie so schnell erobert hatten. Ohne internationale humanitäre Hilfe und ohne ausländische Investitionen, sei das nicht möglich.
Keine offizielle Anerkennung der Regierung in Kabul
Dass humanitäre Hilfe eher aus dem Westen als aus Moskau zu erwarten ist, wissen die neuen Machthaber. Auch die Taliban schicken nicht ihre erste Riege nach Moskau, haben sich mit der Zusage Zeit gelassen.
Russland balanciert die Macht aus, die sich in der neuen Lage ergibt: Die Taliban zu Gast, aber mit der offiziellen Anerkennung der Regierung will man sich Zeit lassen. Noch werden die Taliban auch in Moskau als Terrororganisation angesehen. Russlands Außenminister wirbt in Zentralasien um gute nachbarschaftliche Beziehungen, aber sichert auch Unterstützung von Militärmanövern an Tadschikistans Grenze zu Afghanistan.
Durchschlagende Ergebnisse in Moskau unwahrscheinlich
Der Westen scheint mit den Entwicklungen in Afghanistan überfordert zu sein.
Anders als die Europäer drängt Moskaus Führung weniger auf die Einhaltung von Menschen- und Frauenrechten, fordert aber entschiedene Maßnahmen zur Terrorbekämpfung. In die inneren Angelegenheiten des Landes will man sich nicht wirklich einmischen. Auch Russland hat seine bittere Erfahrung mit Afghanistan: Dass die Rote Armee 1989 nach zehn Jahren Besatzung aufgeben musste, ist noch schmerzlich im Bewusstsein.
Durchschlagende Ergebnisse sind folglich von der Konferenz, an der neben China und Pakistan auch die zentralasiatischen Nachbarländer Afghanistans teilnehmen, nicht zu erwarten. Aber die Botschaft ist gesetzt: Wenn es um Afghanistan geht, führt an Moskau kaum noch ein Weg vorbei.
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