Der Krieg in Europa scheint weit entfernt von Afrika. Doch auch hier hat er Auswirkungen: wirtschaftlich und militärisch. Und: Er berührt die Interessen Chinas auf dem Kontinent.
Seine Rede vor dem UN-Sicherheitsrat wurde hunderttausendfach verbreitet: Als Kenias UN-Botschafter Martin Kimani den Überfall Russlands in der Ukraine mit einer gefährlichen Nostalgie nach dem Imperium verglich, ging das um die Welt. Selten nur wird Afrikanern bei internationalen Konflikten Gehör geschenkt. Der Kontinent schreitet voran - so dachte man.
Nur wenige Tage später aber nüchternes Erwachen: 17 afrikanische Länder enthielten sich, eines - Eritrea - stimmte sogar gegen die UN-Resolution zur Verurteilung des Krieges in der Ukraine. Das Ergebnis überrascht für Länder wie etwa Südafrika, für andere aber tut es das nicht: Viele haben historische Beziehungen zu Russland, fühlen sich Moskau ideologisch nahe - und sie sind mit Russland zunehmend militärisch und wirtschaftlich verbunden.
Mali ist überwiegend prorussisch
Besonders gilt dies für das westafrikanische Mali, in dem die Bundeswehr an zwei internationalen Militärmissionen teilnimmt. Innerhalb kurzer Zeit hat Russlands Präsident Wladimir Putin es geschafft, hier Unfrieden zu säen, schickte seine berüchtigten Wagner-Truppen. Die Franzosen haben inzwischen ihren Rückzug erklärt. Die Bevölkerung Malis - überwiegend prorussisch.
Angesichts von Terror im Norden und einer Regierung, die sich an die Macht geputscht hat, ist Mali "für die russische Rüstungsindustrie ein immer größerer Markt. Russland wird einfach als vermeintlich verlässliche Alternative im Kampf gegen den Terrorismus im Gegensatz zu dem unbeliebten Ex-Kolonialherren Frankreich wahrgenommen", so der Regionaldirektor Sahel-Programm der Adenauer-Stiftung in Mali, Ulf Laessing.
Eritrea ist für Moskau strategisch interessant
Überhaupt Rüstungsindustrie: Fast die Hälfte der Rüstungsimporte Afrikas, so schätzt das Stockholm International Peace Research Institute, stammte 2020 aus Russland. Ein wichtiger Partner also für die Regierungen in Afrika. Besonders gilt dies auch für Eritrea, das gegen die UN-Resolution stimmte. "Eritrea ist in den letzten zwei Jahrzehnten mit Sanktionen konfrontiert, und es besteht eine natürliche Neigung, Solidarität zu zeigen", so Hassan Khannenje, Direktor des Horninstitutes in Nairobi.
Für Moskau ist das kleine Land am südlichen Ende des Roten Meeres strategisch interessant. Russland will ein Logistikzentrum an einem eritreischen Hafen errichten.
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China als "Hauptnutznießer" westlicher Sanktionen
Sich dem überwältigenden UN-Votum der Völkergemeinschaft anzuschließen - für viele Länder Afrikas wirtschaftlich gefährlich. Trotz des hohen - auch finanziellen - Engagements der EU und der USA (etwa Impfstofflieferungen) trifft die anti-russische Abstimmung in eine Zeit der Gegenreaktion auf westliche Interventionen.
Und treibt Staaten damit noch mehr in die Arme Chinas. Der Politikwissenschaftler Khannenje zieht eine nüchterne Bilanz mit Blick auf den Ukraine-Krieg und Afrika: "China wird wahrscheinlich sowohl direkt als auch indirekt der Hauptnutznießer der westlichen Sanktionen sein."
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