Iran: Ajatollah Ali Khamenei ist Feindbild der Proteste

    Irans Führer ohne Volk:Ali Khamenei ist das Feindbild der Proteste

    Jörg-Hendrik Brase
    von Jörg Brase
    |

    In Iran gilt einzig und allein das Wort von Revolutionsführer Khamenei. Der sucht die Gründe für die aktuelle Krise nicht in seiner autoritären Herrschaft, sondern im Ausland.

    Ali Khamenei, aufgenommen am 25.11.2022 in Teheran (Iran)
    Ali Khamenei ist seit 1989 das Staatsoberhaupt und hat überall in Iran das letzte Wort.
    Quelle: AP

    Er befiehlt über Streitkräfte und Elitetruppen, bestätigt alle Funktionsträger des Landes in ihren Ämtern, und wenn es ihm opportun erscheint, kann er sie auch wieder entlassen. Ali Khamenei ist das religiöse und staatliche Oberhaupt der Islamischen Republik Iran, und in dieser Funktion hat er das letzte Wort.

    Ali Khamenei ist seit 33 Jahren an der Macht

    Er ist zugleich Führer der Islamischen Revolution, die 1979 mit dem Sturz des Schahs begann und die bis heute nicht abgeschlossen ist. So jedenfalls sehen es Khamenei und seine religiös-konservativen Getreuen. Revolution bedeutet Kampf und in diesem Kampf um die Macht und deren Erhalt sind alle Mittel recht.
    1939 in der heiligen Stadt Mashhad geboren, stieg Khamenei unter dem ersten Revolutionsführer Ajatollah Khomeini bis zum Staatspräsidenten auf. Nach dem Tod Khomeinis im Jahr 1989 trat er dessen Nachfolge an und führt das Land seit nunmehr 33 Jahren.

    Proteste: Khamenei fordert hartes Durchgreifen

    Khameneis Leitlinien sind die Herrschaft islamischen Rechts und die Feindschaft gegenüber dem Westen, allen voran die USA und Israel. "Der Feind versucht, dass die Menschen, aber auch die Funktionsträger die Hoffnung verlieren", erklärte Khamenei nach dem Beginn der aktuellen Protestwelle Mitte September.

    Leider hat der Feind ausländische Helfer, die mit Hilfe der Presse und des Internets versuchen, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zu verbreiten.

    Ali Khamenei, Oberster Führer des Iran

    Immer wieder äußert sich Khamenei unzufrieden über den seiner Meinung nach zu laxen Umgang der Behörden mit Regimekritikern und fordert die Justiz auf, sich um Rädelsführer "zügig zu kümmern und sie zu bestrafen". Die den Revolutionsgarden unterstellten paramilitärischen Basij-Milizen, die Demontrant*innen wahllos zusammenprügeln, lobt er für deren "furchtlosen Einsatz gegen die Feinde".

    Protestbrief von Khameneis Schwester

    In Khameneis Weltbild ist kein Platz für Nachsicht mit denen, die sich gegen seine Politik auflehnen. Die Rufe von Klerikern aus den Provinzen, die fordern, die Kritik der Jugend ernst zu nehmen und ihnen zumindest zuzuhören, ficht ihn nicht an. Irans Staatsoberhaupt macht alle anderen für die Proteste verantwortlich, nur nicht sich selbst und seinen autoritären Regierungsstil.
    Khameneis Schwester, Badri Hossein Khamenei, veröffentlichte Anfang Dezember einen Protestbrief, in dem sie die brutale Niederschlagung der Proteste verurteilt.

    Ich stelle mich gegen das Handeln meines Bruders und erkläre mich solidarisch mit allen Müttern, die die Verbrechen der Islamischen Republik beweinen.

    Badri Hossein Khamenei, Schwester von Ali Khamenei

    In dem Brief forderte sie die Revolutionsgarden auf, die Waffen niederzulegen, "bevor es zu spät ist". Doch Badri Hossein Khamenei darf nicht darauf hoffen, dass ihr der Bruder oder die ihm ergebenen Garden Gehör schenken. Im Gegenteil.
    Masih Alinejad
    Die Revolution geht weiter - im Iran und in der Diaspora. Die Frauenrechtlerin Masih Alinejad stemmt sich bereits seit Jahren gegen das Regime. Wie viele andere organisiert und engagiert sie sich im Exil. 19.12.2022 | 14:09 min

    Regime aus konservativ-religiösen Hardlinern

    Der Oberste Führer setzt weiter auf seine Elitetruppen, hinter denen er sich mit seinen Gefolgsleuten verschanzt hat. Mit 83 Jahren muss Khamenei sein revolutionäres Erbe regeln und hat das in den vergangenen Jahren auch erfolgreich getan.
    Es ist ihm gelungen, in Regierung, Parlament und Justizapparat überall konservativ-religiöse Hardliner zu installieren. Nunmehr sind alle drei säkularen Säulen der Islamischen Republik fest in konservativer Hand. Vor allem der von Khamenei ernannte Justizchef, Gholamhossein Mohseni-Eyjei, tut sich bei der Niederschlagung der Proteste hervor, drängt auf zügige Vollstreckung von Gerichtsurteilen und meint damit auch die Hinrichtung von Regimegegnern.
    Die fordern ihrerseits den Tod des Diktators als einzigen Weg, um ihr Ziel zu erreichen und das Regime zu stürzen. Doch Khamenei, so scheint es, hält nach wie vor die Fäden fest in der Hand. Eine Änderung der Regierungspolitik könnte es tatsächlich erst nach dem Tod Khameneis mit dem Kampf um seine Nachfolge geben.
    Nicht nur die Schwester des iranischen Staatspräsidenten, auch die Nichte hat sich gegen das Regime aufgelehnt:

    Führung "mörderisch"
    :Kritik an Iran: Khamenei-Nichte festgenommen

    Im Zuge der Proteste im Iran ist die Nichte des geistlichen Oberhaupts Ajatollah Ali Khamenei festgenommen worden. Sie forderte die internationale Isolierung Teherans.
    Ajatollah Ali Chamenei sitzt vor einem Mikrofon, im Hintergrund die iranische Flagge.
    Thema

    Weitere Nachrichten aus dem Iran