Ampel in Meseberg: Scholz will schnelles Entlastungspaket
Klausurtagung in Meseberg:Ampel ringt um Entlastungspaket
30.08.2022 | 17:48
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Ukraine-Krieg, Entlastungspaket, Energie - die Ampel streitet über Wege aus der Krise. Bei der Klausur auf Schloss Meseberg sollen die Wogen geglättet werden.
Die Bundesregierung will angesichts der stark steigenden Energiepreise nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz "sehr schnell" über ein drittes Entlastungspaket entscheiden - ein Abschluss der Beratungen noch in dieser Woche gilt aber als fraglich.
Scholz: Versorgungslage entspannter
Einen Tag vor der angekündigten erneuten Lieferunterbrechung der Gaspipeline Nord Stream 1 durch die Ostsee betonte Scholz am Rande der Kabinettsklausur in Meseberg, dass sich die Versorgungslage angesichts schnell gefüllter Speicher und dem schnellen Bau der LNG-Terminals deutlich entspannt habe. Nun müsse man sich um einen Anstieg der Preise kümmern, der nicht mehr die Realität abbilde.
Das Statistische Bundesamt teilte am Dienstag mit, dass die Inflation in Deutschland trotz Tankrabatt und 9-Euro-Ticket wieder kräftig auf dem Vormarsch ist. Waren und Dienstleistungen waren im August durchschnittlich 7,9 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Am Mittwoch laufen zudem sowohl Tankrabatt und 9-Euro-Ticket aus. FDP und Grüne legten am Dienstag ihre Vorschläge für das geplante dritte Entlastungspaket vor.
In der Debatte um ein drittes Entlastungspaket versuchen alle drei Partner, vor allem für ihr Klientel etwas rauszuholen:
Die FDP will einen Inflationsausgleich bei den Steuern, wovon jene stärker profitieren, die mehr Steuern zahlen.
Die SPD will Direktzahlungen für Menschen mit wenig Einkommen, Familien, Rentner, Studenten und Azubis.
Die Grünen sehen das ähnlich und haben außerdem ein 49-Euro-Bahnticket vorgeschlagen - da sprang die SPD auf.
Kanzler: Sorgfältig und zielgenau
Man wolle in dieser Woche "sehr sorgfältig untereinander darüber diskutieren, wie wir ein möglichst maßgeschneidertes, möglichst effizientes, möglichst zielgenaues Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger und unsere Unternehmen auf den Weg bringen können", sagte Scholz in Meseberg ohne ein konkretes Datum zu nennen.
Nach der SPD-Bundestagsfraktion legte auch die FDP ihre Forderungen vor. Das Entlastungspaket dürfe "auf keinen Fall ein Sammelsurium sein, sondern sollte aus einem Paket von wenigen, aber gut aufeinander abgestimmten und wirksamen sowie unbürokratischen Maßnahmen bestehen", heißt es in einem Positionspapier für die Klausur der Fraktion von Mittwoch bis Freitag in Bremen.
Zentral sei dabei der Abbau der kalten Progression, um die Bürger nachhaltig vor Mehrbelastungen zu schützen. Staatliche Transferzahlungen müssten zugleich gezielt die wirklich Bedürftigen unterstützen. Schließlich brauche es "entschlossene energiepolitische Maßnahmen, die die Knappheit an den Strom- und Gasmärkten abschwächt".
Grüne contra FDP
Die Grünen pochen ihrerseits darauf, dass vor allem Menschen geholfen werden müsse, die wenig hätten - etwa Grundsicherungs-Bezieher, Ältere mit kleinen Renten, Familien mit Kindern und Studierende. Konkret schlagen die Grünen eine neue Energiepreispauschale vor, deren Höhe nach Einkommen gestaffelt sein soll. "Das ist deutlich gerechter als Steuersenkungen", sagte Dröge mit Blick auf den von der FDP geforderten Abbau der kalten Progression.
Zudem gehe es um die jährliche Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung, eine Erhöhung des Kindergeldes und eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket. Die Grünen schlagen ein 29-Euro-Regionalticket und ein bundesweit gültiges 49-Euro-Ticket vor. Der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) wiederum schlug am Dienstag ein 31-Euro-Ticket für Bedürftige und ein 69-Euro-Ticket für alle anderen vor. Das koste den Bund etwa zwei Milliarden Euro.
Viel Streit in der Koalition
Die Grüne-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge forderte Tempo in den Beratungen: "Lieber heute als morgen müssen wir zu einer Einigung kommen." Es gehe um Maßnahmen, die noch "dieses Jahr spürbar bei den Menschen ankommen". In den vergangenen Tagen hatte es heftige Kontroversen zwischen Politikern der Ampelkoalition gegeben, auch wegen des Streits um die umstrittene Gasumlage, die Gasversorger am Leben halten soll.
Kanzler Scholz bemühte sich in Meseberg, die Wogen zu glätten. Man arbeite "sehr gut und sehr eng" zusammen, sagte er. Die Klausurtagung sei wichtig, um sicherzustellen, "dass wir als Bundesregierung eng und untergehakt zusammenarbeiten."
Lambrecht: Bundeswehr-Lieferungen in Ukraine kaum noch möglich
Am Rande der Klausurtagung meldete sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) zu Wort. Sie sieht kaum noch Möglichkeiten, Waffen aus Bundeswehrbeständen für den Abwehrkampf gegen Russland in die Ukraine zu schicken.
Ich muss zugeben als Verteidigungsministerin, (...) da kommen wir an die Grenzen dessen, was wir aus der Bundeswehr abgeben können.
Christine Lambrecht, SPD-Politikerin
Die Bundeswehr müsse die Landes- und Bündnisverteidigung gewährleisten können. Sie werde als Verteidigungsministerin sehr genau darauf achten, dass das weiterhin der Fall ist, betonte sie.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann fordert mehr Unterstützung für die Ukraine. Dafür könnten Panzer aus Beständen der Bundeswehr geliefert werden.